Bekenner*innenschreiben zu dem Brandanschlag auf die Ausländerbehörde in Göttingen
Es geht hier nicht um Meinungsfreiheit!Der ehemalige Innen- und Außenminister Thomas de Maziere kommt wieder nach Göttingen. Er möchte hier sein Buch „Regieren“ vorstellen. Wir haben das zum Anlass genommen, einen Teil des menschenverachtenden Systems, für welches auch er in seiner Person steht, anzugreifen.
Es sterben Menschen! Jeden Tag!
Sei es im Mittelmeer durch unterlassene und behinderte Seenotrettung, an den Grenzen der Festung Europa oder durch deutsche Waffen, die seit langem im Wissen der Bundesregierung nicht nur an die faschistische Türkei, sondern von dieser auch an dschihadistische Milizen und sogar den Islamischen Staat geliefert werden. Es ist zutiefst zutreffend, zu sagen „Die Politik von Politiker*innen wie Thomas de Maziere ist eine mörderische Politik!“.
Und wenn es doch noch Menschen auf der Flucht bis nach Deutschland schaffen, treffen sie hier auf ein System, aufgebaut auf Unterdrückung, Repression und Schikane. Das Ziel: Möglichst viele Menschen möglichst schnell wieder abzuschieben.
Die Ausländerbehörde hier in Göttingen leitet Abschiebungen ein und lässt Polizeikommandos nachts unangekündigt in Wohnungen stürmen, reißt Menschen aus dem Schlaf, aus ihrem Leben, aus ihrer Sicherheit, und verschleppt sie in Armut, Unterdrückung oder den Tod.
Daneben werden Menschen, die vor deutschen Waffen fliehen, hier kriminalisiert. De Maiziere trägt die Verantwortung für Verbote von kurdischen Vereinen und Symbolen und linken Medienplattformen. Soviel zum Thema Meinungsfreiheit.
Das muss aufhören!
Wir wollen der rassistischen und mörderischen Abschiebepraxis der BRD nicht länger tatenlos zusehen und fordern alle auf, sich auch weiterhin gemeinsam diesem menschenverachtenden System entgegenzustellen, mit allen notwendigen Mitteln.
Die Ausländerbehörde und ihre Mitarbeiter*innen sind Teil dieses Systems und tragen auch persönlich Verantwortung für ihr Handeln. Hört auf, Menschen rassistisch und respektlos zu behandeln. Sonst hat das Konsequenzen! Kündigt lieber eure Jobs!
Im Angesicht von Leid und Tod Tausender, die unter dem deutschen Abschiebe- und Abschottungsregime leiden, stellen wir klar: Wir meinen es ernst!
Wir werden tun was nötig ist, um wirkungsvoll gegen dieses alltägliche Verbrechen vorzugehen! Auch wenn es dafür all unseren Einsatz und Mut braucht. Es geht nicht anders!
Feuer und Flamme allen Abschiebebehörden!
Bewegungsfreiheit für alle!
Quelle: Indymedia (Tor)
Terror in der Ausländerbehörde?! Gemeinsames Statement zu der Debatte um den Brand in der Ausländerbehörde
Im November 2019 haben Unbekannte in Göttingen einen Brandanschlag auf die Ausländerbehörde verübt. In einem Bekenner*innenschreiben wird die Ausländerbehörde kritisiert, da diese für Abschiebungen und Ausgrenzungen verantwortlich ist. Wir als politische Gruppen, die seit langem die Politik der Ausländerbehörde als rassistische Staatspolitik kritisieren, wenden uns jetzt einige Monate später mit einem gemeinsamen Statement gegen die in der Debatte vorherrschende Selbst-inszenierung der Ausländerbehörde als „Service-Behörde“ und gegen die Gleichsetzung des Brandanschlages mit dem faschistischen Terror mordender Neonazis. Während Polizei, Stadtrat und Oberbürgermeister von linkem „Terror“ reden, wollen wir dringend von rassistischer, staatlicher Politik sprechen.
Keine Gleichsetzung von links und rechts!
Der Göttinger Polizeipräsident Uwe Lührig nutzt den Brandanschlag schon im November 2019, um von „Linksterrorismus“ zu schwadronieren. Auch der Göttinger Oberbürgermeister Rolf-Georg Köhler (SPD) vergleicht in seiner Rede vor der Verwaltung im Dezember 2019 den Brandanschlag mit rechtem Terror in Deutschland. Wörtlich setzt Köhler den Sachschaden im Amtshaus mit dem bewussten und gewollten Gefährden von Menschenleben durch das Anzünden von Geflüchtetenwohnheimen gleich. Eine zehnköpfige Sonderkommission zur Ermittlung wurde von der Polizei schnell eingerichtet. Die Ermittlungen wurden an die Bundesanwaltschaft übergeben, die sich u.a. mit dem NSU beschäftigt hat.
Die Gleichsetzung eines Sachschadens mit den Morden des NSU und Terrorplänen von Neonazis, Soldat*innen, Mitarbeiter*innen des Verfassungsschutzes und Polizist*innen relativieren rechte Terrornetzwerke samt staatlicher Unterstützung und Verwicklungen darin. Durch diese Äußerungen werden migrantische Menschenleben relativiert. Die Äußerungen und Vorgehensweisen zeigen, dass Politiker*innen wie Köhler gemeinsam mit der Göttinger Polizei gegen Linke, die Sachschäden begehen, viel schneller vorgehen, als gegen Neonazis, die migrantische Menschenleben gefährden.
Nein zu diesem Service!
Die Ausländerbehörde war nach dem Brand für kurze Zeit nicht arbeitsfähig. Oberbürgermeister Köhler, aber auch der Chef der Göttinger Ausländerbehörde Joachim Rogge, reagieren auf den Brand mit weiterer Schikane gegen diejenigen, die von ihrer Behörde abhängig sind: So wird Menschen die Vergabe von Visa für Familienangehörige verwehrt oder Visaverlängerungen für den Besuch im Ausland nicht ausgestellt. Darüber hinaus drohte Herr Rogge im Januar 2020 im Göttinger Tageblatt Geflüchteten damit, dass durch den Brand Duldungen nicht verlängert werden könnten, was Menschen in die Illegalität drängen würde. Die Ausländerbehörde inszeniert sich dabei als Behörde, die zwischenzeitlich ihrem „Service“ nicht mehr nachkommen konnte.
In der Ausländerbehörde werden jedoch keine an „Kund*innen“ orientierten „Serviceleistungen“ durchgeführt. Im Gegenteil werden Menschen ohne deutschen Pass auf Grund des repressiven, deutschen Ausländerrechts dazu gezwungen, regelmäßig diesen Ort aufzusuchen. Die Ausländerbehörde entscheidet, ob jemand bleiben darf. Dies bedeutet, beständig unter der Bedrohung zu leben, von den Mitarbeitenden der Ausländerbehörde die Lebensgrundlage entzogen zu bekommen. Die Ausländerbehörde setzt Sonderregelungen für Menschen ohne deutschen Pass in die Realität um. Diese Behörde ist Teil des staatlichen Rassismus, der systematisch Menschen anhand von Kategorien der Staatsbürger*innenschaft sortiert, ausgrenzt, ihren Alltag terrorisiert und Ungleichheiten schafft. Dabei werden Menschen nach Herkunftsland unterschiedlich behandelt, worin sich eine koloniale Kontinuität zeigt.
Neben dieser alltäglichen psychischen Gewalt besteht der „Service“ der Ausländerbehörde in der Umsetzung massiver, physischer Gewalt gegen Geflüchtete. Die Mitarbeitenden der Ausländerbehörde sind für die Entscheidung verantwortlich, entweder eine Duldung zu verlängern oder eine Abschiebung einzuleiten. Die Ausländerbehörde trifft dafür Absprachen mit Landeskriminalamt und der Polizei, die vermummt und bewaffnet Menschen nachts überfallartig aus dem Schlaf reißen, um sie in Länder zu verschleppen, in denen sie nicht sicher sind, beispielsweise weil dort mit deutschen Waffen Kriege geführt werden oder weil die Industriepolitik des globalen Nordens die Lebensgrundlage dort zerstört. Die Ausländerbehörde Göttingen ist zum Beispiel verantwortlich für einen nächtlichen Überfall im Oktober 2019 auf eine Göttinger Familie, bei dem mitten in der Nacht plötzlich ohne Vorankündigung die Haustür von der Polizei zertrümmert wurde, um eine Person aus der Wohnung zu holen – was zum Glück nicht gelang. Die Göttinger Ausländerbehörde trägt eine Mitschuld an dem Mord an Gani Rama, der in Pristina im Juli 2019 zu Tode geprügelt wurde, nachdem die Göttinger Ausländerbehörde ihn in den Kosovo abschob.
Die Organisation von Abschiebungen als „Service“ für Geflüchtete zu beschreiben, leugnet die systematische Gewalt, die tagtäglich in diesen Räumen stattfindet!
Respekt?!
Etwa eine Woche nach dem Brandanschlag auf das Amtshaus versammelten sich ca. 400 städtische Mitarbeitende, von Angestellten der Ausländerbehörde und dem Jobcenter bis hin zu Entsorgungsbetrieben und der Feuerwehr, unter dem Motto „Respekt!“ vor dem Neuen Rathaus.
Aber um Respekt wofür ging es dabei eigentlich? Um Respekt für die Würde und die gleichen Rechte – wie beispielsweise Bewegungsfreiheit – von allen Menschen, unabhängig von nationalstaatlichen Einteilungen?
Oder doch eher um Respekt für die Ausführung rassistischer Gesetze? Respekt für die Verfügungsgewalt darüber, ob Menschen nachts aus ihren Betten gerissen und verschleppt werden, weil sie zufällig nicht mit dem „richtigen“ Pass geboren wurden? Respekt dafür, nur Anweisungen zu befolgen und „seinen Job“ zu machen?
Laut Oberbürgermeister Köhler waren alle städtischen Mitarbeiter*innen dazu aufgefordert, sich solidarisch mit den Angestellten der Ausländerbehörde zu zeigen und gemeinsame Betroffenheit zur Schau zu stellen. Dabei ist die Arbeit in der Ausländerbehörde eben nicht das Gleiche wie die Arbeit bei den Entsorgungsbetrieben oder bei der Feuerwehr! Die Gleichsetzungen, die Köhler in seiner Rede macht, sind gefährlich. Sowohl die Gleichsetzung von sämtlichen städtischen Beschäftigten als auch die von rechts und links, die tödliche Anschläge wie den jüngsten in Hanau erschreckend relativiert.
Respekt bedeutet Bleiberecht und gleiche Rechte für alle Menschen. Respekt bedeutet auch, Menschen nicht abzuschieben!
Der Rassismus in den Köpfen und in staatlichen Strukturen muss endlich aktiv angegangen werden! Rechte Netzwerke in staatlichen Institutionen müssen aufgeklärt werden! Geistige Brandstifter*innen sind auch jene, die repressive Migrationsgesetze verabschieden und Abschiebungen anordnen. Kein weiterer Mord! Keine weitere Abschiebung!
Antifaschistische Linke International
Basisedemokratische Linke
BIPoc-Kollektiv
Bündnis gegen Abschiebung
Café Kollektiv Kabale
DerRoteFaden
Ende Gelände Göttingen
f.antifa
Freie Arbeiter*innen Union Göttingen
[femko]
GHG
NoG20-Soligruppe Göttingen
OM10
redical M
Trans*Beratung Göttingen
Yallah?!-Team
Quelle: statement.noblogs.org
Ein Feuer im Göttinger Amtshaus in der Nacht zu Montag ist laut Polizei absichtlich gelegt worden. In dem Gebäude sind das Jobcenter und die Ausländerbehörde untergebracht. „Wir gehen von einem linksmotivierten Brandanschlag aus“, sagte eine Polizeisprecherin. Im Internet wurde am Montag ein Bekennerschreiben veröffentlicht. Die Ermittler halten es für glaubwürdig. Sie glauben angesichts des Schreibens an einen gezielten Anschlag insbesondere auf die Ausländerbehörde. „Die Täter werden aufgrund des Inhaltes des Bekennerschreibens der linksextremistischen Szene zugeordnet“, hieß es.
Kritik an Flüchtlingspolitik
In dem Schreiben wird ein Zusammenhang mit einer für Dienstag geplanten Lesung des früheren Bundesinnenministers Thomas de Maizière (CDU) genannt. Die ursprünglich für den 21. Oktober geplante Lesung war von linken Aktivisten verhindert worden. Die anonymen Autoren des Bekennerschreibens rufen dazu auf, sich der „rassistischen und mörderischen Abschiebepraxis der BRD“ mit allen „notwendigen Mitteln“ entgegenzustellen. Sie sprechen auch Drohungen gegen die Beschäftigten in der Göttinger Ausländerbehörde aus.
Polizeipräsident: „Ganz klar Linksterrorismus“
„Den offenbar linksextremistisch motivierten Brandanschlag auf das Gebäude der Göttinger Ausländerbehörde verurteile ich scharf“, sagte Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD). „Gewalt ist kein Mittel politischer Auseinandersetzung. Niemand hat das Recht, mit so einer Tat seine Meinung auszudrücken.“ Göttingens Polizeipräsident Uwe Lührig bezeichnete die Tat „ganz klar als Linksterrorismus“. Eine zehnköpfige Sonderkommission der Polizei arbeite an der Aufklärung. „Wenn Gewalt- oder Straftaten als Mittel eingesetzt werden, um Politikerinnen und Politiker oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung einzuschüchtern oder zu manipulieren, handelt es sich nicht mehr um eine legitime Form der politischen Meinungsäußerung“, so Lührig.
Stadt hat Strafanzeige gestellt
Göttingens Oberbürgermeister Rolf-Georg Köhler (SPD) sprach von einem feigen Anschlag. „Diese Bedrohungen verurteile ich aufs Schärfste. Wer Häuser anzündet, Menschen bedroht und ihr Leben aufs Spiel setzt, ist gesellschaftlich zu ächten“, so Köhler. Die Stadt habe Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt und sei im engen Austausch mit den Sicherheitsbehörden.
Noch unklar, wie Feuer ausgelöst wurde
Gegen 3 Uhr am Montagmorgen war der Brand laut Polizei in einem Treppenhaus eines Vorbaus ausgebrochen. Wie es konkret ausgelöst wurde, sei noch unklar. Spezialisten des Landeskriminalamts sollten dies herausfinden. Die Feuerwehr war bis in die Morgenstunden mit Löscharbeiten beschäftigt. Die Höhe des Schadens ist noch unklar.
Bereits Mitte Juni war vor der Göttingen Ausländerbehörde Feuer gelegt worden. Ein Stapel Fahrradreifen wurde angezündet. Die damals genutzte Parole „Feuer und Flammen den Abschiebebehörden“ findet sich auch im aktuellen Bekennerschreiben.
Quelle: NDR
Der Brandanschlag auf das Göttinger Amtshaus sorgte vergangener Woche für Schlagzeilen. Einzelne Abteilungen der Stadtverwaltung ziehen jetzt um.
Zunächst wird die Ausländerbehörde ihren Standort verlagern. Diese Abteilung der Stadtverwaltung zieht komplett in das ehemalige Telekom-Gebäude an der Hannoverschen Straße um. Die offizielle Adresse lautet: Philipp-Reis-Straße 2a. Ab Montag, 16. Dezember, ist die Behörde dort wieder zu erreichen, heißt es in einer Mitteilung der Stadt.
In dem Gebäude arbeitet auch bereits ein Teil des Jobcenters der Stadt Göttingen. Für den Erstkontakt steht aktuell noch eine Anlaufstelle im Neuen Rathaus zur Verfügung. Auch diese Abteilung soll nach und nach komplett in das frühere Telekom-Gebäude verlagert werden. Im vergangenen Jahr hatte die Stadtverwaltung mit der Umsiedlung des Jobcenters in die Nordstadt begonnen.
Brandanschlag auf Göttinger Amtshaus: Ermittlungen dauern an
Das frühere Telekom-Gebäude eignet sich nach Ansicht der Stadtverwaltung besonders gut als Standort, da dieser an viele Linien des öffentlichen Personennahverkehrs angeschlossen ist. In unmittelbarer Nähe halten die Stadtbus-Linien 31, 32, 62, 91/92 sowie die Regionalbus-Linien 180 und 185.
Nach dem Anschlag auf das Amtshaus, bei dem erheblicher Sachschaden entstand, dauern die Ermittlungen des Staatsschutzes der Polizei an. Nach dem Vorfall tauchte ein Bekennerschreiben im Internet auf, das auf einen linksextremistischen Hintergrund schließen lässt.
Linke Aktivisten veröffentlichen nach dem Brandanschlag ein Bekennerschreiben. Damit reiht sich die Tat ein in eine Reihe von politisch-motivierten Aktionen in diesem Jahr.
Quelle: HNA
Mehr als drei Wochen ist es her, dass das Amtshaus in Göttingen von weiterhin unbekannten Tätern bei einem Brandanschlag stark beschädigt wurde. Inzwischen haben die Aufräum- und Reinigungsarbeiten in dem Nachbargebäude des Neuen Rathauses begonnen. Das gelb getünchte Haus ist weiträumig von einem Bauzaun umgeben. Ein Zuweg für schweres Gerät ist von der Kreuzung Geismar Tor provisorisch angelegt und asphaltiert. Eine auf Brandschäden spezialisierte Firma hat die Arbeit aufgenommen.
Aufräumarbeiten brauchen „viel Zeit“Nach Auskunft von Oberbürgermeister Rolf-Georg Köhler (SPD) befanden sich rund 20.000 Akten in dem Gebäude. Ein großer Teil sei beschädigt, sagte Köhler in der jüngsten Ratssitzung. Die verrußten Akten würden nun professionell gereinigt. Diese Arbeiten würden „viel Zeit“ in Anspruch nehmen, kündigte Köhler an. Mitarbeiter hätten erst wieder Anfang Januar wieder Zugriff auf alle Akten, Verfahren und Fälle.
Inventar, das keine versiegelten Flächen habe, so Köhler, könne nicht mehr weitergenutzt werden. Für die Mitarbeiter, die im Amtshaus untergebracht waren, seien provisorische Arbeitsplätze im früheren Telekom-Gebäude in Weende eingerichtet worden. Betroffen sind 80 Mitarbeiter von Ausländerbehörde, Jobcenter und dem Fachbereich Statistik.
Behebung von Schäden in Versicherungsleistung eingeschlossenNach Köhlers Auskunft sei der wirtschaftliche Schaden, der durch den Brandanschlag entstanden ist, noch nicht zu beziffern. Verwaltungssprecher Dominik Kimyon ergänzt, dass die Behebung der durch den Brandanschlag oder Terrorakt am Amtsgebäude entstandenen Schäden in die Versicherungsleistung „bei kommunalen Risiken“ eingeschlossen sind. Damit tritt Kimyon im politischen Raum kolportierten Annahmen entgegen, für den Schaden käme die Versicherung nicht auf. Offen ließ Kimyon aber, ob die Versicherungsleistung den kompletten Schaden abdecke. Noch sei nicht entschieden, ob für das Gebäude eine Brand- oder eine Komplettsanierung anstehe.
Unterdessen hat die Polizei die Akte mit dem bisherigen Ermittlungsstand an die Staatsanwaltschaft abgegeben. Hier liefen die Ermittlungen noch, erklärte Andreas Buick, Sprecher der Staatsanwaltschaft, am Mittwoch. Angaben zu möglichen Tätern machte er nicht. Das kurz nach dem Brandanschlag auf der Internet-Plattform Indymedia anonym veröffentliche Bekennerschreiben halten die Ermittler aber weiterhin für authentisch.
Linksterrorismus und Terrorverdacht
Wegen des Bekennerschreibens ging die Polizei bereits früh davon aus, dass es sich um einen gezielten Brandanschlag aus der linken Szene handelte. Göttingens Polizeipräsident Uwe Lührig sprach von Linksterrorismus. Sollte sich der Terrorverdacht durch Ermittlungen bestätigen, so Buick, wären die Generalstaatsanwaltschaft oder der Generalbundesanwalt für das weitere Verfahren zuständig.
Nach Polizeiermittlungen benutzten die Täter vermutlich Kraftstoff, um den Brand zu entfachen. Den Schaden bezifferte die Polizei nach ihren Ermittlungen auf mehrere hunderttausend Euro. In den Straßen rund um den Tatort hatte die Polizei Hinweisblätter in Briefkästen der Wohnhäuser gesteckt und in Geschäften sowie öffentlichen Gebäuden ausgelegt.
Quelle: HNA
Diesen Morgen wird Joachim Rogge so schnell nicht vergessen. Am 25. November 2019 schaut er wie immer kurz nach dem Aufstehen um 5 Uhr auf sein Smartphone. Er liest eine Mitteilung der Polizei, dass es in der Nacht einen Brand im Göttinger Amtshaus gegeben hat.
Göttingen: Großbrand vor drei Monaten – Mitarbeiter wochenlang daheimErst nach einem Moment wird ihm klar, was das bedeutet: „Das betrifft ja mich!“ Kurz darauf schreibt der Leiter der Göttinger Ausländerbehörde den rund 30 Mitarbeitern per Whatsapp, dass sie heute nicht zur Arbeit kommen brauchen, weil niemand das stark beschädigte Amtshaus betreten darf.
Das ist jetzt drei Monate her. Inzwischen ist die Ausländerbehörde vorübergehend in einem anderen Gebäude im Göttinger Norden untergebracht, doch das Feuer hat nicht nur im Amtshaus tiefe Spuren hinterlassen: „Die Stimmung ist zwar insgesamt ganz gut, aber wir machen uns alle schon Gedanken“, sagt Rogge.
Da tausende von Akten verrußt waren und erst gesäubert werden mussten, konnten die Mitarbeiter erst nach einigen Wochen wieder ihre Arbeit aufnehmen. Neben den aktuellen ausländerrechtlichen Vorgängen müssen sie nun auch all das erledigen, was zwischenzeitlich liegen bleiben musste. „Wir schieben eine Bugwelle an Arbeit vor uns her“, sagt Rogge.
Brandanschlag auf Ausländerbehörde in Göttingen: Nicht der erste Anschlag
Es war nicht der erste Anschlag auf die Ausländerbehörde. Bereits im Juni hatten Unbekannte einen Stapel Reifen vor dem Eingang des Amtshauses angezündet, zuvor waren auch schon Farbbeutel und Steine gegen das Gebäude geworfen worden.
Auch das Jobcenter war im Amtshaus untergebracht gewesen. „Da infolge des Brandes zunächst kein Bargeld ausgezahlt werden konnte, standen Empfänger von Sozialleistungen, die kein Girokonto besitzen, vorübergehend mittellos da“, sagt Rogge.
Leiter der Ausländerbehörde in Göttingen betont 6000 positive BescheideEr wehrt sich dagegen, dass seine Behörde als „Abschiebebehörde“ tituliert wird. 2019 habe es zehn von der Ausländerbehörde initiierte Abschiebungen gegeben, „fast alle aus dem Gefängnis heraus.“ Demgegenüber stünden mehr als 6000 positive Entscheidungen, hierunter fallen die Erteilung und Verlängerung von Aufenthaltstiteln.
Inzwischen können die Mitarbeiter wieder Urkunden drucken, auch die meisten Akten sind wieder benutzbar. Nachdem die Mitarbeiter wochenlang zwischen Umzugskartons gesessen haben, werden hoffentlich alsbald auch die benötigten Regale eintreffen, um die mehr als 400 laufenden Aktenmeter einräumen zu können.
Ausländerbehörde Göttingen: Noch eineinhalb Jahre in anderem Gebäude
Rogge rechnet damit, dass die Ausländerbehörde und die anderen vom Brand betroffenen Einrichtungen – das Jobcenter und der Fachdienst für Statistik und Wahlen – noch mindestens eineinhalb Jahre lang in den Büros im ehemaligen Gebäude der Telekom arbeiten werden.
Doch auch wenn die Akten nicht mehr nach Rauch riechen – etwas ist hängen geblieben: „Die Gefährdungssituation hat sich eingebrannt“, sagt Rogge.
Politisch motivierter Anschlag macht Mitarbeitern zu schaffenWas den Mitarbeitern der Ausländerbehörde aber viel mehr zu schaffen macht, ist die Erkenntnis, dass das Feuer ein politisch motivierter Brandanschlag war und dass dieser Anschlag auch ihnen galt. Das geht aus einem anonymen Bekennerschreiben hervor, das damals auf einer einschlägigen Internet-Plattform veröffentlicht wurde.
Darin wurden sowohl die Ausländerbehörde als auch deren Mitarbeiter kritisiert: „Kündigt lieber eure Jobs!“, hieß es dort unter anderem. „Das empfinden wir als ganz konkrete Bedrohung“, sagt Behördenleiter Rogge.
Quelle: HNA
(26.11.20) Vor einem Jahr wurde die Göttinger Ausländerbehörde Opfer eines Brandanschlages. Auf die Täter gibt es bislang keine konkreten Hinweise. Ein Jahr nach dem Brandanschlag auf die Göttinger Ausländerbehörde ist noch unklar, wann das beschädigte Amtshaus wieder als Verwaltungsgebäude genutzt werden kann. Die Dekontaminationsarbeiten seien inzwischen abgeschlossen, teilte Verwaltungssprecher Dominik Kimyon auf Anfrage mit. Auch der Brandgeruch sei drastisch reduziert worden. Ein bereits in Auftrag gegebenes Gutachten solle nun klären, welche baulichen Maßnahmen erforderlich sind, um das Gebäude wieder nutzbar machen zu können. Das Gutachten werde voraussichtlich Anfang 2021 vorliegen.
Quelle: Harzkurier.de