Frankfurt am Main, 15. Juni 2020
Wir haben in der Nacht vom 14. auf den 15. Juni ein Fahrzeug von Vonovia-carsharing/ DB-flinkster in Brand gesetzt.Nebenstehende Fahrzeuge waren ebenfalls DB Carsharing Autos, somit entstand für keine Privatpersonen irgendeinen Schaden.
Schon in der vergangenen Zeit kam es in Frankfurt1 aber auch bundesweit2 zu verstärkten Angriffen auf zentrale Akteure der Immobilienwirtschaft, namentlich vor allem VONOVIA. Dem wollen wir einen Beitrag hinzufügen. Auch für die bevorstehende Räumung der Liebig 34 sollte der Angriff als Warnung verstanden werden.
Statt den üblicherweise in einer militanten Praxis im Fokus stehenden Handwerkerautos traf es diesmal ein carsharig Fahrzeug.3 Vonovia wirbt in dem Kontext immer wieder mit ihrer Bandbreite an Dienstleistungen für Mieter*innen. Dem setzten wir entgegen, dass es Vonovia auch hierbei um die profitorientierten Marktinteressen des Konzerns geht. Neben der Rolle als Wohnungsbau- und Mietunternehmen stellt für uns auch die Darstellung als vermeintlich nachhaltiger oder sozialer Dienstleister ein Problem dar. Die Scheinheiligkeit des Unternehmens ist unerträglich. Hierbei können wir uns nur den Ausführungen einer Berliner Aktionsgruppe vor einigen Tagen anschließen:
„Das nun zum wiederholten Male der größte börsennotierte Wohnimmobilienkonzern Vonovia, mit mehr als 400.000 Wohneinheiten, den zweitgrößten börsennotierten Wohnimmobilienkonzern Deutsche Wohnen, mit über 150.000 Wohneinheiten, übernehmen will, ist ein klares Signal, dass der Widerstand nun noch verstärkt werden muss.
Da sich Vonovia in den vergangenen Jahren als Führer auf dem deutschen Immobilienmarkt etabliert hat, zeigt sich das Unternehmen auch dementsprechend unbeeindruckt von der Corona Krise, die Anfang 2020 einen Großteil der Menschen weltweit in finanzielle und existenzielle Bedrängnis gebracht hat. Man verbucht gar eine Steigerung der Einnahmen und erhöht das sechste Jahr in Folge die Gewinnausschüttung an die Aktionäre.
„Für die Hauptversammlung am 30. Juni 2020 empfiehlt der Vorstand eine Gewinnausschüttung in Höhe von 850 Millionen Euro. Was das bedeutet? Dreieinhalb von zwölf Monatsmieten einer jeden Mieter*in wandern direkt auf die Konten von BlackRock, Fidelity Investments, APG SGA und zahlreichen weiteren Finanzdienstleister*innen und Anteilseigner*innen. Das geht aus dem Jahresabschlussbericht des Konzerns hervor.“ 4
Dass diese wirtschaftliche Stabilität nicht von ungefähr kommt und vor allem nicht auf Grund der „sozialen Wohnungspolitik“ Vonovias, sollte klar sein, auch wenn Rolf Buch, Vorsitzender der Vonovia im Mai 2020 im Zusammenhang mit der Corona Krise verlauten ließ:
„Wir stehen zu unserer Verantwortung als großes Wohnungsunternehmen. Unsere wirtschaftliche Stabilität bildet die Basis dafür, dass wir in der Corona-Krise gesellschaftliche Verantwortung übernehmen und unsere Kraft und Fähigkeiten nutzen können, um zu helfen“
Die Krise schürte bei tausenden, gerade in prekären Beschäftigungsverhältnissen arbeitenden Mieter*innen die Angst, ihre nächste Miete nicht bezahlen zu können.
Um größeren Unmut oder gar Widerstand zu verhindern, beschloss die Bundesregierung einen Stopp der Mieterhöhung, sowie ein Aussetzen aller Zwangsräumungen, bis Ende 2020. Außerdem wurde eine Mietstundung angeboten, zu einem Zinssatz von aktuell 4,22%. Da sich der Zinssatz der Mietstundungen vom aktuellen Basiszinssatz ableitet, bleiben die anfallenden Zinsen, bei ausfallenden Mietzahlungen, eine sichere Einnahmequelle für die Immobilienbranche.
Obwohl sich Vonovia also rein an gesetzlichen Vorgaben hält, setzt sich das Unternehmen als „soziales Unternehmen“ in Szene. Ein Blick auf die ersten 3 Monate des Jahres 2020 reicht dabei aus, um zu erkennen, wie es um das „soziale“ bei Vonovia bestellt ist.
So verzeichnete die Vonovia eine Einnahmesteigerung durch Mieteinnahmen von 12,3 % auf 564 Millionen € und eine Mietsteigerung von 5,8 %. Für das Jahr 2020 war eine Steigerung der Mieten von 4 % vorgesehen, diese wurde (sozial wie Vonovia ist) auf 3,8% gesenkt, als Corona bereits in Deutschland wütete.
Es sollte bei alldem auch erwähnt werden, dass durch eine komplexe Unternehmensstruktur mit diversen Tochterfirmen, wie bei großen Unternehmen üblich, Vonovia aktiv Arbeitskämpfe versucht zu verhindern und unmöglich zu machen. Nach wie vor zahlt der Immobilienriese kaum Tarif (nicht einmal 20% der Mitarbeiter*innen), befristet nahezu alle Arbeitsverträge und sorgt für ein Unternehmensklima, in dem Mitarbeiter*innen durch Druck und Drohungen dazu angehalten werden, sich der profitorientierten und menschenfeindlichen Firmenpolitik zu fügen.
Gerade als militante Akteur*innen wollen wir einmal deutlich herausstellen, dass sich die Aktionen gegen Vonovia nicht gegen die Angestellten richten soll. Wir sehen die vielen Aktionen gegen Vonovia im Kontext einer sich verschärfenden Lage auf dem Wohnungsmarkt, einer immer deutlicher werdenden Interessenvertretung der Immobilieneigentümer*innen durch parlamentarische Politiker*innen und Journalist*innen und einer Staatsmacht, die keine Probleme damit zu haben scheint, die privaten Interessen von Investoren mit Gewalt zu schützen und durchzusetzen.
Deshalb bleibt die einzig sinnvolle Forderung die Enteignung und Vergesellschaftung der Vonovia, der Deutsche Wohnen und ihren Partner*innen. Der Mietendeckel bietet keinen ausreichenden Schutz für Mieter*innen und ist keine langfristige und qualitative Änderung des Wohnungsmarktes.
Solange Wohnraum eine Ware ist muss es Widerstand auf der Straße geben um klarzumachen, dass sich mit dem Wohn- und Lebensraum von Menschen kein Profit machen lassen darf! Genauso wenig ist der Wohn- und Lebensraum von Menschen dazu da, sich die Rente zu sichern oder sein*ihr „Vermögen klug anzulegen“! Es muss sich dann auch niemand wundern, wenn einem die ganze Sache um die Ohren fliegt!
Wir gehen davon aus, dass diese Krise, so wie sonst jede Krise, besonders auf den Schultern der armen und prekären Bevölkerungsschichten ausgetragen wird. Dass sich Firmen wie Vonovia und Deutsche Wohnen aktuell zurückhalten, liegt wohl eher an erwartetem Aufschwung und an Subventions- und Soforthilfeprogrammen, mit denen viele Leute zwar weiter Miete zahlen können, allerdings langfristig dem immer teurer werdenden Wohnungsmarkt ausgeliefert und in existenzielle Nöte gedrängt werden.
Es ist darum umso wichtiger den Widerstand aufrecht zu erhalten und deutlich zu machen, dass es keine Alternative zur Vergesellschaftung des Wohnraums gibt.
Wir rufen auf sich an der Mieten-Aktionstag am 20. Juni zu beteiligen.“
Liebig 34 verteidigen!
1 https://4sy6ebszykvcv2n6.onion/node/78665
2 https://4sy6ebszykvcv2n6.onion/node/88135
3 https://www.vonovia.de/de-de/carsharing
4 https://www.addn.me/news/vonovia-dreieinhalb-monatsmieten-allein-fuer-die-dividende/
Quelle: Indymedia (Tor), Spiegelung (Tor)