Weil die Stadt Berlin, die deutsche Regierung und weiße, rassistische Bürger_innen die Initiativen Schwarzer Aktivist_innen, die Straßen umzubenennen, seit Jahren torpedieren und verzögern, haben wir die Straßen unter dem Slogan #DecolonizeTheCity gestern Nacht selbst verschönert.
Black Lives Matter. Wenn wir fordern, dass alle Schwarze Leben zählen, dann auch die, die nicht durch US-amerikanische Polizisten ermordet wurden, sondern durch deutschen Kolonialrassismus. Und trotzdem werden die Verbrechen an diesen Menschen bis heute in Deutschland gefeiert. Verehrt an Orten wie der Bismarckstatue, der Wissmannstraße oder der Petersalle. Berlin ist voll mit Erinnerungen an und expliziten Ehrungen von Menschen, die kolonialistisch und rassistisch waren. Es ist schon lange überfällig, sich mit diesen Denkmälern und ihren Implikationen auseinanderzusetzen. Weil die Stadt Berlin, die deutsche Regierung und weiße Bürger:innen die Initiativen Schwarzer Aktivist*innen, die Straßen umzubenennen, seit Jahren torpedieren und verzögern, haben wir die Straßen unter dem Slogan #DecolonizeTheCity selbst verschönert. Wenn die Stadt Mörder und Rassist*innen auf Sockeln und Straßenschildern toleriert, leisten wir Widerstand.
Bereits begonnene Umbenennungen wie die der M-Straße in Glinkastraße unterstützen wir nicht. Die Initiative der BVG scheint zunächst eine gute Idee zu sein. Gleichzeitig haben Schwarze Aktivist*innen seit Jahren dafür gekämpft, die Straße und die Station nach dem Rechtswissenschaftler und Philosophen Anton W. Amo umzubenennen. Die BVG entschied sich stattdessen für die Benennung nach einem antisemitischen Komponisten. Es geht nicht darum, einen Namen zu streichen, um die Konfrontation zu vermeiden und danach weiter zu machen wie zuvor. Sondern um eine ausführliche Auseinandersetzung mit dem kolonialen Erbe Berlins und mit Rassismus. Der NSU, Haunau und die jüngsten Anschläge in Neukölln sind keine isolierten Taten einzelner Rechtsradikaler. Vielmehr sind Rassismus und Kolonialismus feste Bestandteile unserer Gesellschaft. Sie systematisch zu verschweigen ist eine Fortsetzung dieser Gewalt.
Es ist an der Zeit, sich ihnen als Gesellschaft endlich zu stellen. Aktivist*innen jeglicher Position tragen diesen Kampf seit Jahrzehnten aus. Aktuell ist das Thema Rassismus im Zuge der brutalen Polizeigewalt in den USA weltweit und auch in Deutschland wieder im Fokus. Diesen Moment müssen wir nutzen. Nieder mit den rassisitischen Straßennamen und kolonialverherrlichenden Denkmälern. Lasst uns gemeinsam ein Berlin gestalten, dass sich seiner Vergangenheit stellt und ein würdevoller Ort für alle Berliner*innen wird!Werdet aktiv, sprecht mit euren Freund*innen, Familien und Kolleg*innen darüber. Falls ihr in der Nähe dieser Straßen wohnt: Beteiligt euch an der Umbenennung! #DecolonizeTheCity #DecolonizeBerlin
Quelle: Indymedia (Tor), Spiegelung (Tor)
Pinke und goldene Farbe überzieht das Nationaldenkmal von Otto von Bismarck am Großen Stern. Unbekannte haben dazu „Decolonize Berlin“ geschrieben. Zudem wurden offenbar von denselben Urhebern Statuen preußischer Generäle auf dem Zietenplatz beschmiert.
Unbekannte haben das Bismarck-Nationaldenkmal im Berliner Tiergarten mit Farbe beschmiert. Auf dem Sockel der Statue am Großen Stern steht in schwarzen Lettern „Decolonize Berlin“, auf Deutsch „Berlin dekolonialisieren“. Zudem ist das Denkmal großflächig mit pinker und goldener Farbe besprüht worden. Wie die Berliner Polizei mitteilte, hat sie wegen Sachbeschädigung Anzeige gegen Unbekannt aufgenommen, allerdings noch keine Hinweise dazu, wer die Täter sein könnten.
Bei den Schmierereien handelt es sich offensichtlich um Protest gegen den deutschen Kolonialismus. Am Zaun des Denkmals brachten die Unbekannten mehrere Flyer an. Auf diesen wird unter dem Titel „Decolonize The City“ eine Auseinandersetzung mit „den Verbrechen deutscher Kolonialgeschichte“ gefordert. Das Bismarck-Denkmal wird als „rassistisch“ bezeichnet. Nach Angaben der Initiatoren wollten sie mit der Aktion „ein Zeichen gegen Rassismus“ setzen.
Debatte um Vertreter des deutschen Kolonialismus
Auf dem Flyer steht außerdem der Hashtag #DecolonizeBerlin. „Decolonize Berlin“ ist auch der Name eines Berliner Bündnis aus verschiedenen Vereinen, die deutschlandweit für die Umbenennung von Straßennamen kämpfen, die koloniale Verbrechen ehren oder rassistische Bezeichungen tragen. Tahir Della von der Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland sagte dem rbb auf Nachfrage, dass er keine Kenntnis von dem Flyer habe.
Im Zuge der „Black Lives Matter“-Bewegung ist deutschlandweit eine Debatte um deutsche Erinnerungskultur und Denkmäler für Vertreter des deutschen Kolonialismus entbrannt. Otto von Bismarck ist aus Sicht vieler Kritiker ein Antidemokrat und Wegbereiter des deutschen Kolonialismus. Unter anderem in Hamburg haben aus diesem Grund Ende Juni Demonstrationen gegen die Sanierung eines Bismarck-Denkmals stattgefunden. Auch dort fand eine Farbattacke auf ein Standbild des ersten deutschen Reichskanzlers statt.
Statuen preußischer Generäle besprüht
Nach rbb-Informationen wurden am Freitag auch mehrere Statuen auf dem Zietenplatz in Berlin-Mitte sowie Straßenschilder und U-Bahnschilder der Mohrenstraße mit Farbe übertüncht. Daneben wurden die Statuen auf dem Zietenplatz mit dem Slogan „Decolonize the City“ besprüht.
Der Zietenplatz wurde im Jahr 1737 als Exerzierplatz angelegt und im Jahr 1849 nach dem preußischen General Hans Joachim von Zieten benannt. Auf dem Zietenplatz stehen Statuen von vier Militärführern Preußens: Generalfeldmarschall Kurt Christoph Graf von Schwerin, Generalleutnant Hans Karl von Winterfeldt, Generalfeldmarschall Jakob von Keith sowie General der Kavallerie Friedrich Wilhelm von Seydlitz. Sie alle starben im Siebenjährigen (1756 bis 1763).
Quelle: Rbb24.de