Frankfurt am Main, 19. Juli 2020
Eine der üblichen Partys am Frankfurter Opernplatz ist aus dem Ruder gelaufen: Die Polizei berichtet von hunderten Randalierern und Angriffen auf Beamte. Polizeipräsident Bereswill sieht den negativen Höhepunkt einer wochenlangen Entwicklung erreicht.
Nach nächtlichen Krawallen in der Frankfurter Innenstadt sind in der Nacht zum Sonntag fast 40 Menschen festgenommen worden. Auf dem Opernplatz hatten nach Polizeiangaben zunächst rund 3.000 Menschen friedlich gefeiert. Doch dann kippte die Stimmung. Hunderte Menschen randalierten und lieferten sich eine stundenlange Auseinandersetzung mit der Polizei.
Auslöser war offenbar eine Massenschlägerei: Wie Polizeipräsident Gerhard Bereswill bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz am Sonntag berichtete, seien gegen 3 Uhr 25 bis 30 Personen an einem Brunnen auf dem Opernplatz aufeinander losgegangen. Weil eine Person stark blutete, seien die Beamten eingeschritten und hätten versucht, den Streit zu schlichten.„Die Stimmung hat sich gegen uns gerichtet“, berichtete Bereswill. Polizisten seien „massiv“ mit Flaschen beworfen worden, woraufhin die Umstehenden zu klatschen und zu johlen begonnen hätten. Rund 500 bis 800 Feiernde seien zu diesem Zeitpunkt noch auf dem Opernplatz gewesen.
Um den Platz zu räumen, habe die Polizei Verstärkung angefordert. Die Beamten hätten sich mit Schutzschilden gegen die Glasflaschen schützen müssen und hätten versucht, die Menge von zwei Seiten einzukreisen.
Die Polizei nahm 39 Randalierer fest. Mehr hätten die Einsatzkräfte vor Ort nicht fassen können, weil die einzelnen Widerstand geleistet und damit jeweils mehrere Beamte gebunden hätten. Nach Angaben von Bereswill handelt es sich bei den 39 bis auf eine Frau ausschließlich um Männer im Alter von 17 bis 23 Jahren, „vorwiegend mit Migrationshintergrund“.
Neun von ihnen kämen aus Frankfurt, die übrigen aus dem Umland wie Offenbach und Hanau, einer sogar aus Heidelberg. Acht der Festgenommenen waren am Sonntagmorgen noch im Gewahrsam. Einer habe sich durch rund 20 Flaschenwürfe besonders hervorgetan und andere zum Nachahmen animiert.
Gegen 5.30 Uhr verließen die letzten Beteiligten den Platz. Die Spuren der Auseinandersetzung wurden inzwischen beseitigt.
Fünf Polizisten seien bei dem Einsatz verletzt worden. Außerdem wurden mehrere Einsatzfahrzeuge beschädigt. Bereswill sprach davon, dass in der Nacht der „absolute negative Höhepunkt“ der Entwicklungen der vergangenen Wochen erreicht worden sei.
Laut Polizeipräsident Bereswill reiht sich das Geschehen in die Vorkommnisse der vergangenen Wochenenden ein. Seit mehreren Wochen werde an Opernplatz und Hafenpark ebenso gefeiert wie auf vielen kleineren Plätzen in der Stadt.
Die Freiluft-Partys verliefen meist friedlich, zu später Stunde verhielten sich die Teilnehmenden jedoch zunehmend enthemmt. „Was sich da momentan entwickelt und heute Nacht entladen hat, macht mich fassungslos“, sagte Bereswill. Ihn treffe vor allem, dass die spätnachts noch versammelte Menge am Opernplatz jeden Treffer eines Polizeiautos mit einer Flasche bejubelt habe.
Ein Augenzeuge berichtete dem hr, er habe beobachtet, wie auf dem Opernplatz plötzlich Flaschen flogen. Auf Videos, die dem hr von einem Nutzer zugeschickt wurden, sind Dutzende grölende junge Männer zu sehen. Einige von ihnen werfen Flaschen in Richtung von Polizisten und Polizeiautos. Einer warf zwei Mülltonnen – von denen die Stadtverwaltung zur Bewältigung des massiven Müllproblems am Freitag noch insgesamt 400 im Stadtgebiet aufstellen lassen hatte – auf die Straße zwischen Opernturm und Opernplatz.
Schon vor zwei Wochen RandaleDer Frankfurter Opernplatz hatte sich in den vergangenen Wochen zum Hotspot für Freiluft-Partys entwickelt. In der Vergangenheit feierten dort freitag- und samstagabends tausende Menschen meist friedlich.
Bereits vor zwei Wochen hatten freiwillige Müllsammler beobachtet, wie spätnachts Betrunkene an der Tür zur Alten Oper gerüttelt und leere Flaschen dagegen geworfen hätten. Sicherheitsdezernent Markus Frank (CDU) und Stadtpolizei berichteten von Beschimpfungen gegen Einsatzkräfte, die etwa auf die Einhaltung der Corona-Regeln oder die richtige Müllentsorgung hinwiesen.
Sie warnten vor Zuständen wie in Stuttgart in der Nacht zum 21. Juni, als hunderte Betrunkene Polizisten angriffen und Läden in der Innenstadt beschädigten. Umweltdezernentin Rosemarie Heilig (Grüne) sagte, bei den Opernplatz-Partys werde erst schön gefeiert, später kämen dann „Leute, die auf Randale aus sind“.
Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) verurteilte die Angriffe. „Das Verhalten der Randalierer ist absolut inakzeptabel. Die Beteiligten müssen umgehend zur Rechenschaft gezogen werden“, schrieb Feldmann am Sonntag auf Twitter. Er forderte zudem, die Polizeipräsenz an solchen Hotspots zu erhöhen.
Sicherheitsdezernent Frank zeigte sich ebenfalls bestürzt: „Ich bin fassungslos, dass gezielt Polizeibeamte angegriffen werden, wenn sie einem Menschen helfen wollen. Damit ist eine neue Stufe der Gewalt erreicht.“ Als Konsequenz habe er Umweltdezernentin Heilig, Polizeipräsident Bereswill und Vertreter des Ordnungs- und des Gesundheitsamts zu einer Sicherheitskonferenz am Montagvormittag eingeladen.
Dabei solle über Konsequenzen aus der Nacht beraten werden, sagte Bereswill. Den Opernplatz zu sperren, halte er aber nicht für sinnvoll: „Das würde bedeuten, dass sich die Menschen an kleineren Plätzen treffen, wo es dann vielleicht noch größere Probleme gibt.“
Quelle: hessenschau.de