Berlin, 7. Oktober 2024
Viele sind wütend. Wütend über den Genozid in Gaza. Über Bomben auf Zivilist*innen, Schulen und Krankenhäuser. Über die weltweite militärische Aufrüstung. Über das Blutvergießen und die Vertreibung von Millionen von Menschen. Über die Propaganda für „Kriegstüchtigkeit“ und ein „wehrhaftes“ Deutschland. Über die Waffenlieferungen und die Profite der Rüstungsindustrie. Über die geplante Wiedereinführung der Wehrpflicht. Über das automatische Töten durch KI-gesteuerte Drohnenangriffe.
Viel zu wütend.
Diese Wut hat sich gestern entladen.
An dem Rüstungsunternehmen ThyssenKrupp.
Gestern wurden in Berlin drei LKWs auf dem Firmengelände von ThyssenPlastics angezündet und Feuer an einer Lagerhalle gelegt.
Warum ThyssenKrupp?
Thysenkrupp verdient durch die Konzerntochter „ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS)“, mehrstellige Milliardenbeträge mit dem Bau von Kriegsschiffen aller Art. Darunter U-Boote sowie Korvetten- und Fregattenbauten die in Hamburg, Kiel und Emden produziert werden. „Thyssen Krupp Marine Systems (TKMS)“ ist als einziger Anbieter für U-Boote in Deutschland tätig.
Seit 1993 produziert TKMS Dolphin-Klasse U-Boote für Israel. Die U-Boote sind mit atomwaffenfähigen Marschflugkörpern bestückt. Um Marschflugkörper oder ballistische Raketen senkrecht starten zu können, entwickelte TKMS ein sogenanntes VLS (Vertical Launching System) mit welchem die israelischen Dolphin-Klasse U-Boote ausgestattet sind. Ihr primärer Einsatzraum ist das östliche Mittelmeer. Hier bilden die von TKMS gebauten „Dolphin“-U-Boote die nukleare Zweitschlag-Kapazität Israels bei einem Angriff.
2022 unterzeichneten TKMS und Israel einen neuen Deal zur Herstellung von „Dakar-Klasse“ U-Booten. Der Vertrag im Umfang von etwa 3 Milliarden Euro beinhaltet neben der Lieferung von drei U-Booten auch die Einrichtung eines Simulators in Israel, logistische Unterstützung und die Lieferung von Ersatzteilen. ThyssenKrupp investiert dafür 250 Millionen Euro in seine Werft. Dafür sollen unter anderem eine neue Schiffsbauhalle und eine Brennstoffzellenfertigung gebaut werden. Die BRD übernimmt 540 Millionen Euro der Kosten und investierte zudem im Rahmen einer Industriekooperation mehr als 850 Millionen Euro in israelische Unternehmen, unter anderem im Militärsektor. Gegen Netanjahu wurden im Zusammenhang des Drei-Milliarden-Deals Korruptionsvorwürfe erhoben, da Netanjahus Cousin und privater Rechtsberater David Schimron zugleich auch den israelischen Bevollmächtigten von Thyssen-Krupp Marine Systems anwaltlich vertrat.
Im Mai 2023 starteten Israel Aerospace Industries (IAI) und Atlas Elektronik, ein Unternehmen von Thyssenkrupp Marine Systems, offiziell ihre jüngste gemeinsame Entwicklung für Anti-U-Boot Missionen. Atlas ist spezialisiert in der Entwicklung von KI-basierten Tiefenwasser Sonarsystemen.Atlas Elektronik ist ein Anbieter in der Entwicklung und Herstellung von integrierten Sonarsystemen für U-Boote, Minenjagd-Boote und Kampfschiffe sowie Torpedos und ist eine 100%ige Tochtergesellschaft der ThyssenKrupp AG. Israel Aerospace Industries ist ein Pionier auf dem Gebiet unbemannter Systeme in den Bereichen Luft, Boden und See. Das erste unbemannte Unterwasserdrohne der Welt „Blue Whale“ wurde von IAI für die israelischen Verteidigungskräfte entwickelt, und in den letzten Jahrzehnten ist IAI ein Pionier für Roboter-Bodensysteme und unbemannte Schiffe geworden.
Der Genozid in Gaza zeigt die Realität der KI-basierten Militärtechnologien: zehntausende tote verletzte, traumatisierte undverstümmelte Zivilist*innen und Kinder. ThyssenKrupp profitiert von diesem Genozid und anderen Kriegen.
„Once more we emphasize the urgent need to organise campaigns against the arms industry, the war profiteers of all kinds including those that supply the military machine with food, energy and any other resource. We must not forget about resistance against all and every national military apparatus and multinational military coalitions. We must continue to struggle against all nation-states and all supranational political and economic unions and conglomerates, that claim our lives, our societies, the natural resources and the territories in which we live; against military mobilization and their industry that feeds on the wealth we produce; against rulers that claim to govern in our name while only protecting capital and ruling classes; and against all that enables war to thrive. We recognise here a need to be present and active in a space of public discussion and in spaces of the anarchist and antiauthoritarian movement in particular.
Over the walls of nationalism and war!
No border divides us, no nation unites us!
Stop the genocides in Gaza and everywhere!
Solidarity with all deserters!“
(Call for Transnational days of action against militarism and nationalism from the Balkans (1st to 10th October 2024)
Quelle: Indymedia (Tor)
Die Täter kamen in der Nacht. Überwanden ein 2,50 Meter hohes Tor. Ihr Ziel: das Logistik-Zentrum von „ThyssenPlastics“ an der Ullsteinstraße in Tempelhof. Brandstifter legten an zwei 7,5-Tonnen-Transport-Lastern Feuer. Metallpaletten mit Kunststoff gerieten in Brand. Fenster am Gebäude wurden beschädigt.
Ein Passant sah frühmorgens die Flammen und alarmierte die Feuerwehr.
Ein Polizeisprecher bestätigte auf Anfrage: „Gegen 4.25 Uhr wurden zwei auf dem Gelände parkende Laster und Metallgitterboxen in Brand gesetzt. In der Folge brannte ein Laster vollständig aus. Beim zweiten wurde das Fahrerhaus beschädigt und auch die Ladefläche eines dritten Lasters.“
Auch die Metallpaletten wurden von den Brandstiftern angezündet. Die Flammen schlugen so hoch, dass das Gebäude dahinter beschädigt wurde. Der Sprecher weiter: „Fenster des Firmengebäudes wurden durch übergreifende Flammen aus den angesteckten Metallgitterboxen beschädigt.“
Immerhin: Personen wurden nicht verletzt. Die Feuerwehr hatte den Brand schnell unter Kontrolle und löschte die Flammen. Zur Schadenshöhe konnten noch keine Angaben gemacht werden.
Offenbar hatten die Brandstifter ein politisches Motiv: „Nach derzeitigem Ermittlungsstand wird von einem politischen Hintergrund ausgegangen. Der Staatsschutz der Berliner Polizei ermittelt.“ Den genauen politischen Bezug konnte der Sprecher bisher nicht nennen.
Ermittler des Landeskriminalamtes sicherten am Nachmittag Spuren auf dem Gelände von „ThyssenPlastics.“ Am Werktor suchten sie nach Fingerabdrücken.
„ThyssenPlastics“ ist eine Tochter des Stahlkonzerns Thyssen-Krupp und hält für Kunden an vielen Standorten weltweit Kunststoff-Teile auf Lager. Bis zu 40.000 verschiedene Produkte sind im Angebot. Inwieweit darunter auch Teile für Waffen, oder Rüstungsprodukte angeboten werden, ist nicht bekannt. Eine Anfrage an die Geschäftsleitung des Berliner Werkes blieb zunächst unbeantwortet.
Möglicherweise richtet sich der Anschlag gegen die Waffensparte von ThyssenKrupp: So ist ThyssenKrupp Marine Systems GmbH mit Sitz in Kiel nach eigenen Angaben führender europäischer Systemanbieter für nicht-nuklear angetriebene U-Boote, Marineschiffe und neue Über- und Unterwassertechnologie.
Das Unternehmen beschäftigt laut eigenen Angaben im Geschäftsjahr 2021/22 rund 6.500 Mitarbeiter mit einem Umsatzvolumen von rund 2 Milliarden Euro.
Quelle: BZ