HH – Kein Vergeben – kein Vergessen, Aktion gegen Hilde Michnia
Kein Vergeben – kein Vergessen. Diese Worte wollen wir Hilde Michnia, geborene Lisiewicz, mit unserer Aktion am 8.5.2015 ins Gedächtnis rufen. Hilde Michnia, wohnt seit Jahrzehnten unbehelligt Achtern Born Nr.123 in HH. Sie war spätestens 1943 mit Anfang zwanzig für die Bewachung von KZ-Häftlingen in einer Munitionsfabrik in Grünberg zuständig. Am 25.11.1944 tritt sie in die SS im KZ Groß-Rosen ein. Als das Lager aufgrund der herannahenden Roten Armee aufgegeben wird, beaufsichtigt Michnia einen der Todesmärsche nach Gubin, bei dem von ca. 2000 Frauen 1400 umkamen. Ab 3.3.1945 arbeitete sie im KZ Bergen-Belsen als Aufseherin in der Küche. Zeuginnen berichten, dass Hilde Michnia Häftlinge misshandelte, krankenhausreif schlug und mind. 2 Menschen zu Tode prügelte.
Die mittlerweile 93 Jährige Michnia bereut nichts: „Das ist alles erlogen“, „Ich habe nichts gemacht“, das sind ihre Worte, obwohl sie Anfang 2000 ihre Verbrechen teilweise zugegeben hatte.
In Interviews sagt Michnia, von Gräueltaten habe sie nichts mitbekommen, bei dem Todesmarsch sei niemand umgekommen. Jeden Tag hätte es warmes Essen und Kakao für alle gegeben (!).Bei dem ersten „Belsen trial“, dem Prozess, den die britische Armee nach Kriegsede in Lüneburg ansetzte, wurde sie für ihre Mitgliedschaft in den Wachmannschaften zu einer einjährigen Haftstrafe verurteilt.
Von den insgesamt 45 Angeklagten wurden 15 freigesprochen und 19 zu Freiheitsstrafen verurteilt.Nun eröffnete die Abteilung 73 (NS-Verbrechen) der HH-Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen Hilde Michnia wegen Beihilfe zum Mord.
Bisher wurde von deutscher Seite kein_e einzige_r der Wachleute, die die Todesmärsche führten, zur Rechenschaft gezogen.
Trotz über 170.000 Ermittlungen seit 1945 von deutschen Behörden gegen Täter_innen, wurden nur etwas mehr als 6.600 verurteilt: 6.300 Freiheitsstrafen wurden verhängt, in der Regel bis zu 5 Jahren Haft.
Viele KZ-Schergen kamen davon, weil 1969 der Bundesgerichtshof beschlossen hatte, dass für eine Verurteilung wegen Beihilfe zum Mord eine individuelle Schuld nachgewiesen werden müsse. Erst das Urteil gegen den ehemaligen Wachmann von Sobibor, Demjanjuk, im Jahre 2011, ermöglichte die juristische Verfolgen von allen, die die Tötungsmaschinerien am Laufen hielten, unabhängig von ihrer Stellung in der Befehlshierarchie und ohne zwingend einen Nachweis einzelner konkreter Taten und individueller Verantwortung erbringen zu müssen.
Vermutlich wird Michnia wie viele andere Nazis aufgrund ihres Alters erneut mit keinen juristischen Konsequenzen rechnen müssen.All diese Entscheidungen erstaunen uns keineswegs. Vom postfaschistischen deutschen Staat und seiner Justiz ist nichts anderes zu erwarten – wie von keinem Staat und keiner Justiz auf der Welt etwas zu erwarten ist.
Unabhhängig von den späten Ermittlungen und Schauprozessen dieses Staates, der nach wie vor Entschädigungen an die Opfer des NS-Regimes, z.B. in Griechenland, verweigert, der viele der Täter unbehelligt ließ und in „Amt und Würde“ übernahm: Wir wollen Hilde Michnia ihre Ruhe nicht gönnen!
Als eine Form kaempferischen Gedenkens und als Angriff haben wir das Haus, in dem sie wohnt, mit Farbe markiert, Parolen gesprueht, ein Feuer vor ihrem Haus gelegt und die Nachbarschaft ueber ihre Vergangenheit informiert. Als Zeichen gegen alle Nazi-Täter_innen, den Staat, der sie schuetzt und in Gedenken an die Ermordeten.Laut einer jüngst veröffentlichten Umfrage wollen 42 % der Deutschen einen Schlussstrich unter die „NS-Zeit“ ziehen. Sie sind der Meinung, dass der Nationalsozialismus und seine Verbrechen genügend aufgearbeitet worden sind. Wir schließen uns dieser Auffassung nicht an, sondern wollen nach wie vor eine Auseinandersetzung mit dem NS und wünschen uns vielfältige Initiativen gegen die noch lebenden Täter_innen. Deshalb noch 2 Anschriften von Nazi-Tätern aus HH und der nähreren Umgebung.
Gerhard Sommer, Unterstürmführer und Kompaniechef in der Panzergrenadierdivision Reichsführer SS. 2006 ist er von einem italienischen Gericht zu lebenslanger Haft verurteilt worden, wegen seiner Beteiligung am Massaker in Sant’Anna di Stazzema im August 1944. 560 Menschen wurden dort von den Nazis ermordet. Einem Auslieferungsbegehren Italiens ist Deutschland nicht nachgekommen. Obwohl er laut einem Gutachten bedingt verhandlungsfähig ist, verschleppt die Hamburger Staatsanwaltschaft die Eröffnung des Verfahrens. Sommer lebt in einer Seniorenwohnanlage in Hamburg Volksdorf im Lerchenberg 4.
Alfred Lühmann, mitverantwortlich für Massaker im Früjahr 1944 in Monchio, Susano, Costrignano und Monte Falterona, bei denen hunderte Menschen von Soldaten der Division Hermann Göring getötet wurden. Im Juli 2011 ist er in Italien zu lebenslang verurteilt worden. Lühmann lebt in Bargstedt bei Stade.
Kein Vergeben und kein Vergessen für Hilde Michnia und ihresgleichen!
Keine Ruhe für NS-Verbrecher_innen! Fuer die Freiheit!
Quelle: Linksunten
Farbanschlag auf Haus von Ex-KZ-Aufseherin Michnia
Mit roter Farbe schrieben Unbekannte an die Wand eines Mehrfamilienhauses, in dem Michnia lebt. Der Staatsschutz ermittelt.
Hamburg. Auf die ehemalige KZ-Aufseherin Hilde Michnia, 93, ist in der Nacht zu Freitag von Unbekannten ein Farbanschlag verübt worden. „Kein Vergeben, kein Vergessen – Hier wohnt die KZ-Wächterin Hilde Michnia“ stand am 8. Mai in großen Buchstaben mit roter Farbe an dem Mehrfamilienhaus im Hamburger Westen, in dem Michnia lebt. Im Umfeld wurden Flugblätter gefunden, die über Michnia informierten.Seit Februar ermittelt die Hamburger Staatsanwaltschaft gegen die heute 93-jährige Michnia. Die Hamburgerin war im Zweiten Weltkrieg Aufseherin im KZ Bergen-Belsen. Der Staatsschutz ermittelt. (JR)
Quelle: Hamburger Abendblatt