(Dresden) Der Angriff auf die Landeszentrale für politische Bildung in Sachsen
In der Nacht vom 25. zum 26. März diesen Jahres gab es einen Angriff auf die Sächsische Landeszentrale für politische Bildung (SlpB) in Dresden. Steine und Farbbeutel waren im Einsatz, ein BekennerInnenschreiben gab es nicht. Das dies in Dresden allerdings auch nicht unüblich ist, zeigt das große Osterfeuer 2009 [1].
Anders als bei Angriffen auf alternative Projekte oder Asylsuchendenunterkünfte, wo man „vergebens“ nach „politischer Prominenz“ sucht, eilte Sachsens Innenminister Ulbig noch am selben Tag zum Tatort[2]. Dort angekommen, lobte Ulbig wiederholt den Leiter der Landeszentrale, Frank Richter, für die Dialogbereitschaft mit PEGIDA[3] und verurteilte den Anschlag auf das Schärfste. Ulbig, welcher selbst auch den Dialog mit RassistInnen pflegt[4], stellte 2012 in einer Videobotschaft klar, das Antifaschismus “nicht die richtige Antwort” auf “Rechtsextremismus” sei.[5] Um die Landeszentrale, Ulbig und Sachsen grundlegend zu kritisieren, müssen die Verhältnisse in das große Ganze eingeordnet werden. Zwar schaden die „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ dem Ansehen der elbflorentinischen Metropole nach Außen, aber doch nicht dem System im Inneren.
Kapitalismus und Rassismus gehen Hand in Hand, Hand in Hand mit Ausbeutung und Unterdrückung in jeglichen Formen. Natürlich ist dafür auch der Staat notwendig, welcher das Ganze zusammenhält und bedient.
Wenn nun über die Sorgen und Nöte der BürgerInnen mit den oder wegen der Flüchtlingsströme geredet wird, wird freilich kein Wort über die wahren Ursachen geredet, die diese Menschen nötigt, ihre Heimat zu verlassen.
Von Ursachenbekämpfung kann gleich gar keine Rede sein. Sie müßten sich ja selbst ins Abseits katapultieren. Für sie gibt es immer billigere Ziele und schwächere „Feinde“. Es ist Verblödung, die uns umgibt. Verblödung und Zynismus, denn um den Menschen an sich geht es nicht. Es geht immer um Machtverhältnisse und Besitz. Diesem Strickmuster dient nicht nur eine sächsische Landesregierung wie jedes andere Parlament auf der Welt. Diesem Strickmuster dient auch die Sächsische Landeszentrale für politische Bildung als Handlangerin des eben bestehenden Systems. In den sächsischen Morast reiht sie sich wunderbar ein und verkauft die Standpunkte CDU-treuer Extremismusjünger als politische Bildung.
Kritische Töne im alltagsbraun sucht man in den Verlautbarungen der SlpB vergeblich. Im „Donnerstagsgespräch“ wird immer wieder aufs neue der sowieso schon allgegenwärtige Professor Patzelt der TU Dresden hofiert.[6] Es werden Dialoge bemüht, die irgendwie darüber hinweg helfen sollen, welche Stimmung hier herrscht. Die Landeszentrale gibt sich gern neutral, ihre Aussagen und Taten zu Pegida geben allerdings Aufschluss darüber, welchem Millieu die MacherInnen entspringen. Pegida gilt hier als Organisation, deren Ängste die Gesellschaft ernst nehmen muss. Gleichzeitig schert sich die SLpB keinen feuchten Dreck um die grauenhaften Erfahrungen von Blicken, Pöbeleien bis hin zu tätlichen Angriffen, die geflüchtete Menschen in Sachsen gezwungenermkaßen erleben müssen. Nimmt man Frank Richter seine Neutralität ab, dann sollte man wohl fordern, endlich auch mal Geflüchtete oder die BesetzerInnen des Theaterplatzes in die Räume der Landeszentrale einzuladen. Dieser Zug ist aber schon längst abgefahren, denn die SLpB hat in der Vergangenheit mehr als nur einmal rassistischen HetzerInnen ihre Infrastruktur und einen Rahmen zur eigenen Präsentation geboten.[7]
Hierbei ist nicht zu vergessen, dass Herr Richter im November 2013 die damalige NPD zu einem Gespräch einlud.[8] Somit gibt die Landeszentrale für politische Bildung im Gegensatz zu großen Teilen der Bevölkerung Sachsens nicht mehr nur ein schweigendes „Ja“ zur rassistischen Hetze, sondern ist zur Mittäterin geworden. Wenn der Leiter dieser „Bildungs“einrichtung Frank Richter in seiner theologisch gesabbelten Reaktion „Roter Fleck auf weißem Grund“[9] davon redet, dass ihm und seinen „Kollegen in den vergangenen Tagen der Schlaf verdorben“ wurde, durch Farbbeutel und Steine, dann weisen wir darauf hin, dass dieser Angriff lediglich ein symbolischer Akt gewesen ist. Anstatt im Selbstmitleid zu versinken, sollten die „KollegInnen“ vielleicht versuchen zu verstehen, wie sich die Hinterbliebenen von Marwa El-Sherbini, Jorge Gomondai oder Kamal K. wohl fühlen müssen. Die MitarbeiterInnen der Slpb und vorallem Herr Richter, sollten einmal an die Tausenden denken, die im Massengrab im Mittelmeer sterben und an die Menschen über die sie reden, anstatt sich in ihren sicheren Häusern und Wohnungen selbst zu beweinen.
Die Gewalt der sächsischen Politik und der „BürgerInnen aus der Mitte der Gesellschaft“ haben den Rahmen symbolischer Taten vor langer Zeit verlassen. Wer solche Politik betreibt muss mit Antworten rechnen, Antworten von denen noch viel zu wenige existieren.
[1] http://www.einstellung.so36.net/de/ps/1369
[2] http://www.mdr.de/sachsen/anschlag-landeszentrale-sachsen100_zc-f1f179a7_zs-9f2fcd56.html
[3] http://www.slpb.de/jahresthema-2015/wir-muessen-reden/
[4] http://www.mdr.de/sachsen/dresden/pegida-ulbig-einladung100.html
[5] https://www.addn.me/antifa/antifaschismus-ist-eine-antwort/
[6] http://quo-vadis-dresden.de/2012-01-falsche-antwort.html
[7] https://www.addn.me/uploads/2015/01/Kritik-an-Patzelts-Pegida-Analyse.pdf
[8] https://www.addn.me/news/streit-um-pressekonferenz-in-der-saechsischen-landeszentrale-fuer-politische-bildung/
[9] https://www.taz.de/!127407
[10] http://www.slpb.de/fileadmin/media/Publikationen/Newsletter/Newsletter_2015/slpb_newsletter_2-15_web.pdf
Quelle: Linksunten