Sie kamen mitten in der Nacht, zertrümmerten 13 Fensterscheiben des Cölber Hotels Orthwein und warfen rote Farbbeutel gegen die Fassade des 300 Jahre alten Fachwerkhauses und sprühten zudem politische Parolen auf.
Cölbe. Böses Erwachen für Gastronom Armin Orthwein. Um 5 Uhr am Donnerstagmorgen wurde er von einer Mitarbeiterin geweckt, die das Frühstück für die Hotelgäste vorbereiten wollte. Sie hatte entdeckt, was in der Nacht passiert war: Unbekannte hatten 13 Fensterscheiben eingeworfen, das Haus mit Farbbeuteln beworfen und politische Parolen auf die Fassade aufgebracht. „Selbst im Saal sind Scheiben eingeschlagen worden“, berichtet Orthwein. Für ihn ist klar, dieser Anschlag, diese mutwillige Sachbeschädigung bezieht sich auf eine bevorstehende Veranstaltung des Kreisverbandes „Alternative für Deutschland“, die dort für den 3. März die Räume reserviert hat. Auch die Polizei geht von einer politisch motivierten Straftat aus.
Die Tatzeit liegt zwischen 1.20 Uhr und 5 Uhr morgens, wobei es sehr wahrscheinlich ist, dass die Täter gegen 1.30 Uhr vor Ort waren. „Ich selbst habe davon nichts mitbekommen, aber ein Gast erzählte mir beim Frühstück, dass er gegen 1.30 Uhr Geräusche wahrgenommen hatte“, sagt Armin Orthwein gegenüber der OP.Gastronom: Kann mir meine Gäste nicht aussuchen
„Was soll ich dazu noch sagen? Ich bin Gastronom und bin gerade in den Wintermonaten froh um jeden zusätzlichen Gast. Wenn eine Partei hier eine Versammlung abhalten will, dann nehme ich das gerne mit. Ich kann mir meine Gäste auch nicht aussuchen oder sie einfach ablehnen. Es ist mir auch egal, ob sie lange oder kurze Haare, helle oder dunkle Haut haben.“
Cölbes Bürgermeister Volker Carle ist entschieden: „Ich lehne jegliche Form der Gewalt gegen Personen und auch Sachen ab. Das ist nicht die Art der Auseinandersetzung, die wir hier in Cölbe pflegen. Die AfD ist eine zur Wahl zugelassene Partei und so sollten wir ihr, gerne kritisch, aber doch friedlich begegnen.“Vortragsabend mit AfD-Mitglied Achille Demagbo
In der Tat hat der Kreisverband der AfD für den 3. März den Versammlungsraum angemietet. Keineswegs für eine interne Versammlung, sondern für einen öffentlichen Vortragsabend mit dem AfD-Mitglied Achille Demagbo. Demagbo ist ein aus dem westafrikanischen Benin stammender Sprachwissenschaftler und Konferenzdolmetscher. Er ist Mitglied des Landesvorstands der AfD Schleswig-Holstein, Landesbeauftragter seiner Partei für Zuwanderungs- und Integrationspolitik. Er sieht sich als lebender Beweis, dass die AfD nicht rassistisch ausgerichtet ist.
Dem ungeachtet hat der Cölber Arbeitskreis Flüchtlinge für Donnerstag, 3. März, zu einem „Abendspaziergang“ ab 19 Uhr eingeladen, um ein Zeichen für Toleranz und Integration zu setzen. Es ist durchaus geplant, dabei in Sichtweite der AfD-Versammlung zu kommen. „Wahlpropaganda und Parteipolitik werden dabei bei uns keinen Raum bekommen“, betont Mitinitiator Dr. Kurt Bunke.
Handwerker beheben Schaden noch am selben Tag
Und weiter: „Wir wollen deutlich machen, dass der solidarische Umgang mit Flüchtlingen in der eigenen Gemeinde ein Grundwert unserer Demokratie ist. Er wurzelt in einer Jahrtausende alten gemeinsamen Verpflichtung für Christen, Juden und Muslime, die schon im Alten Testament formuliert wird.“
Armin Orthwein ist alteingesessener Cölber Gastronom und lässt sich nicht unterkriegen. Maler und Schreiner waren am Donnerstag schnell vor Ort, um den Schaden zu beheben. „Sie ließen mir zu Liebe alles stehen und liegen, womit sie beschäftigt waren.“ Orthwein ist nicht der erste leidtragende Gastronom im Landkreis, der ganz offensichtlich aufgrund der Überlassung von Räumen an die AfD geschädigt wurde. In der Nacht zum 16. Februar wurde in Kirchhain das Gasthaus von Günther Schrantz von Unbekannten beschädigt. Unter anderem wurde auf sein Eigentum „AfD ausladen“ aufgesprüht. Wie Orthwein, der CDU-Mitglied ist, hat auch Schrantz als FDP-Mitglied keine weitergehenden Verbindungen zur AfD.
Die AfD ihrerseits hat eine Vermutung, wer hinter diesen Taten stecken könnte. „Die Kripo und der Staatsschutz wurden schon vor Tagen von uns darüber in Kenntnis gesetzt“, sagt Ulrike Markert, stellvertretende Vorsitzende der AfD Marburg-Biedenkopf. Sie geht davon aus, dass diese Information in die Bewertung der Gefährdungslage für AfD-Wahlkämpfer mit einlaufe. AfD-Spitzenkandidat Reimund Dittmann kündigte gegenüber der OP an, Spenden zu sammeln, um den Schaden der dem Gastronom entstanden ist, abzufedern. „Sollte dies ein Akt gegen unsere Veranstaltung mit Achille Demagbo gewesen sein, muss ich das einen rassistischen Akt nennen. Ich verstehe nicht, dass Leute, die sich auf demokratischen Pfaden bewegen so angegangen werden.“
Der Staatsschutz der Kripo Marburg hat die Ermittlungen übernommen und sucht nun nach Zeugen, denen vor oder nach dem Geschehen rund um das Gebäude verdächtige Personen und/oder Fahrzeuge aufgefallen sind.
Quelle: Oberhessische Presse
In den Wochen vor der Lantagswahl in Hessen versuchte auch die AfD Marburg-Biedenkopf mit mehreren Aktionen wie Infoständen und Vortragsveranstaltungen auf sich und ihr offen rassistisches Weltbild aufmerksam zu machen. Angekündigt waren unter anderem drei Vorträge in Kirchhain, Biedenkopf und Cölbe.
Dies blieb allerdings von Antifaschist_innen nicht unkommentiert.Kirchhain:
Der Oberhessischen Presse wie auch der AfD Marburg-Biedenkopf und den Polizeimeldungen ist zu entnehmen, dass an dem Lokal Schrantz in der Kasslerstraße 16 in Kirchhain, in dem am 18.2 Uwe Schulz für die AfD Marburg Biedenkopf referieren sollte, Antifaschist_innen die Betreiber_innen des Lokals mit einem Graffiti dazu aufforderten, die AfD auszuladen.Biedenkopf:
Am 27.2 hatte Karl-Hermann Bolldorf die Gaststätte die „Neue Krone“ in Biedenkopf gebucht, um dort über seine immer offeneren Menschenverachtungen von der CDU bis nun zur AFD vorzustellen. Dem Besitzer der Gaststätte wurde allerdings laut der Oberhessischen Presse per Telefon nahegelegt, der AfD und ihrer rassistischen Hetze keinen Raum zu bieten. Daraufhin sagte er die Veranstaltung ab. Der Vortrag wurde dann in das Dorfgemeinschafthaus Steinperf verlegt.Cölbe:
Am 3.3 Plante die AfD Marburg Biedenkopf einen Vortrag mit Achille Demagbo in der Gaststätte Orthwein (Kassler Straße 48) in Cölbe. Dies nahmen Antifaschist_innen zum Anlass, dem Lokal einen Besuch abzustatten. Hier wurde der Tonfall rauher.
So wurden Parolen gegen die AfD an die Hauswand gesprüht, Farbbomben auf das Gebäude geworfen und einige Scheiben eingeschlagen. Letztendlich sagte Achille Demagbo ab, als Ersatzredner wurde ein Vertreter vom Kreisverband Wiesbaden angekündigt.Außerdem wurde in der Nacht auf den 03. das Haus und das Auto des Kassenwarts Jörg Wiesenborn in Biedenkopf angegriffen, auch hier ging wieder einiges zu Bruch und alle wurden durch Parolen auf den Grund für die Zerstörung aufmerksam gemacht: Die rechten Umtriebe der AFD!
Der Gegenwind für die AFD, nicht nur in Marburg, nimmt zu! Tragen wir die von ihr ausgelöste Gewalt zu ihr zurück! Nationalismus ist keine Alternative!
Hintergrund (https://nationalismusistkeinealternative.net):
Die AfD bedient mit ihrer Rhetorik den Mob auf der Straße und übt zugleich den Schulterschluss mit anderen rassistischen und autoritären Bewegungen wie PEGIDA. Auf ihren Veranstaltungen findet sich neben neurechten Kadern regelmäßig eine gruselige Mischung aus Stammtischrassist_innen, ultraneoliberalen Pinochet-Fans, evangelikalen Rechtsauslegern, Verschwörungsfreaks, antimuslimischen Rassist*innen, Antifeminist_innen, Putin-Fans und monarchistischen Spinnern, die ihre Landgüter zurückfordern. Für sie alle hat die AfD die Funktion eines Sammelbeckens. Trotzdem inszeniert sie sich immer erfolgreicher als das seriöse parlamentarische Sprachrohr „besorgter Bürger“. Sie ist parteipolitische Repräsentantin und organisatorisches Rückgrat einer völkischen Koalition, deren Mitglieder*innen arbeitsteilig vorgehen: Auf der Straße sorgen die Hogesa-Nazis für eine Atmosphäre des Terrors, in der Migrant_innen und politische Gegner_innen um ihre Unversehrtheit fürchten müssen. Währenddessen treibt die AfD in den Parlamenten mit mehr oder weniger kalkulierten Tabubrüchen den Rechtsruck voran. So forderte Frauke Petry unlängst den Gebrauch von Schusswaffen gegen Flüchtlinge, die die Grenze überqueren. Zuvor gab sich der thüringische AfD-Landesvorsitzende Björn Höcke öffentlich seinen rassistischen Wahnvorstellungen hin, als er von „unterschiedlichen evolutionären Ausbreitungstypen von ‚Afrikanern‘ und ‚Europäern‘“ schwadronierte. Die AfD ist geistiger Brandstifter und Lautsprecher der Gewalt in einem, sie ist unmittelbar verantwortlich für die zahlreichen Anschläge auf Menschen mit Migrationshintergrund und die brennenden Asylunterkünfte.
Quelle: Linksunten