Berlin, 23. November 2016
Ende August hat die „anarchistische Gruppe Rouvikonas“ in Griechenland eine Aktion gegen die Mautstelle der Autobahn Korynthos-Patras durchgeführt, dabei wurden die Scheiben der Mauthäuschen eingehauen und Flyers hinterlassen. Nach dem Angriff wurden 10 GefährtInnen festgenommen und mit Haftstrafen bis zu 37 Monaten ohne Bewährung verurteilt.
Die Aktion richtete sich gegen den Bau einer privatisierten Autobahn einer Unternehmensgruppe, der neben einigen griechischen Unternehmen auch der deutsche Bauriese HOCHTIEF PPP SOLUTIONS GMBH angehört. In dem Schreiben der „anarchistische Gruppe Rouvikonas“ heißt es dazu:
„Wir lasen oft über die Unfälle auf der Nationalstraße, die Korynthos und Patras verbindet, eine Straße, die von den Benutzern als „Guillotine“ bezeichnet wird. Auch lasen wir von den Skandalen rund um den Bau dieser modernen Autobahn. […] Dieses Projekt, das nie zu Ende zu kommen scheint, wurde vom Staat mit Millionen Euro an Steuern finanziert, die den am stärksten gefährdeten Menschen in der Gesellschaft auferlegt wurden.[…] Während das Projekt unvollendet bleibt, sind Mautgebühren bereits in Betrieb, die zusätzliche Einnahmen bringen und die Gewinne der Baufirmen erhöhen. Als ob es nicht genug wäre, dass von den Leuten erwartet wird, Straßengebühren für viele Jahre zu bezahlen, für ein Projekt, das sie bereits durch Steuern bezahlt haben, fordert das Unternehmen nun von den Reisenden, Mautgebühren zu zahlen, bevor die Autobahn überhaupt fertig gestellt wurde. […] Sie fordern von den Leuten, für eine Straße zu zahlen, die tötet. Das ist für uns keine Überraschung, denn wir sind uns bewusst, wie Kapitalismus und Autorität wirken.“
HOCHTIEF, einer der Größten Baukonzerne weltweit, gilt als deutscher Krisengewinner, welcher maßgeblich von den Privatisierungsmaßnahmen wie eben dieser Autobahn oder dem Athener Flughafen in Griechenland profitiert. Während es den meisten Menschen immer beschissener geht, werden auf ihrem Rücken Gewinne abgeschöpft.
Gleichzeitig tragen Konzerne wie HOCHTIEF mit ihren Großbauprojekten für Infrastruktur überall auf der Welt wesentlich zur Zerstörung von Natur und Landschaft bei. Es gibt kein nachhaltiges Bauen im Sinne des Kapitals. Es gibt nur größer und schneller, optimiert für den Warenfluss und den Profit. Alle anderen Behauptungen sollen sie in einem besseren Licht dastehen lassen und sind Heuchelei.
Wir haben in der Nacht zum 23.November den Neubau von HOCHTIEF, an der Köpenicker Straße 54, mit Farbe und Steinen angegriffen. Mit dieser Aktion senden wir Grüße an die GefährtInnen in Griechenland, die für ihr Handeln die Repression des Staates zu spüren bekommen haben. Wir halten das Zerstören der Mautstation für legitim und notwendig und sehen unseren Angriff auf das Bürogebäude als Fortsetzung ihres Kampfes.
Aber auch die Örtlichkeit des Neubaus von HOCHTIEF am Spreeufer zwischen Mitte/Kreuzberg und Friedrichshain hat zur Auswahl unseres Zieles beigetragen. Da, wo vor nicht allzu langer Zeit noch Raum zum Wohnen, Treffen und Feiern außerhalb staatlicher Kontrolle lag. Da, wo der ehemalige Wagenplatz „schwarzer Kanal“ sein zu Hause hatte und die leerstehende Eisfabrik ein Unterschlupf für Obdachlose bot, wird ein Grundstück nach dem anderen verscherbelt. Alles was nicht verwertbar ist, wird früher oder später geräumt oder verdrängt, um dem Einzug des Kapitals den Weg zu bereiten. Das Resultat sind sterile, kameraüberwachte Bürogebäude und hochpreisige Eigentumswohnungen, die nur für einen exklusiven Kreis an Leuten mit dem nötigen Kleingeld erschwinglich sind. Die Stadt der Reichen gewinnt weiter an Boden und diejenigen, die sich die Teilhabe daran nicht leisten können oder wollen, müssen sehen wo sie bleiben.
G20 in Hamburg. ein Vorschlag…
Wir verachten diese Welt und ihre VerteidigerInnen. Den Egoismus und die Gier. Die Arroganz der Macht und die Selbstgefälligkeit der Verantwortlichen.
Diese Welt und alles wofür sie steht, findet auf dem G20 ihren Ausdruck. Das Treffen bietet uns die Möglichkeit die Verachtung gegenüber dem Bestehenden in offene Feindschaft zu verwandeln, welche sich in unseren Handlungen widerspiegelt.
Vieles wurde schon gesagt und geschrieben zu den Gipfelprotesten, den Großevents und dem Spektakel, das nicht nur die Herrschenden zu inszenieren verstehen. Es wurde auch immer wieder von Teilen der Protestbewegung reproduziert. Wir sind uns den Grenzen solcher Ereignisse bewusst. Trotzdem halten wir es für richtig, uns damit zu beschäftigen, darüber auszutauschen und die Möglichkeiten und Perspektiven unsere Kämpfe entlang solcher Gipfel zu entwickeln.
Wir wollen uns nicht darauf beschränken im Sommer 2017 in Hamburg aufzutauchen, einen Krawall zu veranstalten um dann guten Gewissens wieder nach Hause zu fahren. Vielmehr liegt uns daran, schon jetzt im Vorfeld zu versuchen lokale Kämpfe miteinander zu verknüpfen, einen Bezug zueinander herzustellen und mittels Aktionen, Texten, Analysen und Berichten von den unterschiedlichsten Orten, Affinität zu schüren. Ziel sollte es sein, uns nachhaltig in unseren Kämpfen zu unterstützen und inspirieren.
Wir begrüßen zum einen eine militante Kampagne wie im Vorfeld zum G8 in Heilgendamm, zum anderen eine informelle Koordinierung, wie sie durch den Aufruf aus den griechischen Knästen zum Schwarzen Dezember entstand.
Selbstorganisierte lokale Kämpfe, wie die ZAD (zu verteidigende Zone) gegen den Flughafen in Westfrankreich. Die Kämpfe der Geflüchteten an den Grenzen Europas. Kämpfe in den Stadtteilen und Metropolen wie in Exarchia in Athen oder rund um die Rigaer Straße in Berlin. Der „Prison-Strike“ in den amerikanischen Knästen oder die Revolte gegen die rassistischen Morde durch Bullen in den USA. Dies sind nur einige wenige Beispiele aus der westlichen Welt, welche Ausgangspunkte sein könnten, um die VerteidigerInnen des Bestehenden auf breiter Front ins Visier zu nehmen. Es sollte darum gehen, diese Kämpfe durch einen internationalen Bezug zu stärken und über den Austausch von Wissen das Terrain dieser Kämpfe zu vergrößern.
Genauso wie HOCHTIEF, Telekom, Fraport, Deutsche Bank etc. in Griechenland für etliche Schweinereien verantwortlich sind, gibt es unzählige weitere Konzerne, die überall auf der Welt ihre Macht über unser Leben ausbauen. Im Auftrag des Kapitals und als Handlager der Autoritäten und ihren Repressionsorganen.
Neben den staatlichen Behörden wie Militär und Polizei, sind es zunehmend global agierende Firmen, die die Herrschaftssicherung übernehmen und gegen soziale Bewegungen ins Feld geführt werden. Eine ganze Industrie, von der Rüstungsfirma bis zu den IT-SpezialistInnen, verdient sich eine goldene Nase an der Aufstandsbekämpfung. Aber auch das massenhafte Wegsperren von Menschen in privatisierten Knästen, nach dem Modell der USA, ist ein lukratives Geschäft. Durch die Versklavung und Ausbeutung der Inhaftierten schlagen Unternehmen maßlose Profite.
Oft sind es an unterschiedlichsten Orten dieser Welt die selben, die durch ihre schmutzigen Deals Elend verbreiten. Lasst uns diese benennen, ihre Machenschaften bekannt machen und wo immer sie präsent sind, angreifen. Der G20 kann einen Bezugsrahmen darstellen, durch welchen sich die einzelnen Kämpfe und Angriffe miteinander koordinieren und verbinden lassen.
Andererseits gilt es zu verstehen, was den ganzen Laden eigentlich am laufen hält und wo die Schwachstellen dieses System sind. Die Infrastruktur für Waren- und Datenflüsse, Verkehrswege und Glasfaserkabel, Stromnetze und Funkantennen bilden die Standbeine für eine funktionierende Ökonomie und bieten für uns eine Vielzahl von Möglichkeiten, diese zu stören und zu sabotieren.
In Berlin wurde bereits vorgelegt und ein Funkmast der Bullen angezündet. Dazu heißt es in einem Schreiben:
„[…] die überwachung des urbanen raums durch intelligente videosysteme und den schnittstellen zwischen verschiedenen behörden, wird unentwegt vorangetrieben und zielt auf die regulierung und steuerung aller individuen. die durch it-firmen entwickelten techniken und algorithmen erleichtern die arbeit repressiver organe. durch das massive einspeisen von informationen in datenbanken, werden prognosen aufgestellt, in welchen gegenden potentiell mehr straftaten zu erwarten sind.
firmen und institutionen, die sich an der entwicklung und perfektionierung dieser technologien beteiligen, sind ein entscheidender faktor zum erhalt der sozialen ordnung und eine säule der sicherheitsarchitektur um bestehende machtverhältnisse aufrecht zu erhalten. […]
um zumindest zeitweise den reibungslosen ablauf zu unterbrechen, haben wir den funkmast der bundesbullen am südkreuz angezündet. das zweite feuer galt einer überwachungsvorrichtung der bundesnetzagentur. […]“
Gerade mit Blick auf den kommenden G20 in Hamburg, der im Zentrum einer Metropole stattfinden wird und alleine schon deswegen die Sicherheitsbehörden an den Rand ihrer Möglichkeiten bringt, halten wir es für interessant solche Handlungsoptionen für den Zeitraum des Gipfels und davor mit zu denken. Denn die Infrastruktur einer Großstadt lässt sich auch durch mehrere tausend Bullen nicht vollständig schützen. Sowohl die geladenen Gäste wie auch ihre Wachhunde sind ständig darauf angewiesen von A nach B zu kommen, miteinander zu kommunizieren und mit Energie und Waren versorgt zu werden. Diese Logistik findet an realen Orten statt. Wir müssen verstehen wo und wie diese funktioniert, um genau dort zuzuschlagen.
Wir sind uns sicher, dass die Dynamik eines guten Riots ein passendes Mittel ist, um in Hamburg einen Kontrollverlust zu bewirken. Wenn sich dieser durch gut gezielte Nadelstiche auf die Infrastruktur der Stadt ergänzen lässt, dann könnte dies ein wahres Freudenfeuer werden.
Solidarität mit den rebellischen Gefangenen.
Grüße an die beschuldigten im Zusammenhang mit den Banküberfallen in Aachen.
Viel Kraft an die Betroffenen der Hausdurchsuchungen in Berlin.
Gegen den G20. Für die Freiheit!…In Hamburg sagt man Tschüss!
Mit Freude und Aufmerksamkeit verfolgen wir die Initiativen die sich gegen den G20 richten und stellen fest, dass viele in Inhalt und Zielsetzungen unseren Vorstellungen sehr ähnlich sind. Hier ein Überblick aus den letzten Tagen und Wochen:
Berlin 22.11.16, Auto von Thales abgefackelt
Berlin 21.11.16, Bohr-Bagger brennt – gegen G20-Gipfel
Berlin 7.11.16, Farbe gegen Ordnungsamt
Berlin 6.11.16, Brandanschlag auf Telekom-Fuhrpark
Dresden 3.11.16, Thyssenkrupp-Auto angezündet
Frankfurt 21.10.16, Angriff auf Philosophicum
Hamburg 16.10.16, Buttersäure gegen Porsche von Bankenpräsident
Hamburg 23.9.16, Brandanschlag auf PKWs von Polizeidirektor Enno Treumann
Berlin 8.9.16, Funkmast der Bundespolizei angezündet
Hamburg 7.9.16, Steine und Farbe gegen Chinese Ocean Shipping Company (COSCO)
Quelle: Linksunten