Berlin, 27. Februar 2017
voller genungtung lasen wir das montag früh 2 karren komplett ausbrannten und eine weitere im mitleidenschafft gezogen wurde. diesmal traf es die firma gegenbauer, die an der skalitzerstraße für das facility management der umliegenden blöcke zuständig ist. wenn in den häusern vom kotti quer durch den wassertorkiez die betriebskosten doppelt so hoch sind wie im berliner durchschnitt bedankt sich gegenbauer bei dem eigentümer der deutschen wohnen, dessen facility management sie bereits 2009 komplett übernommen haben. ermutigt von der großen demo, die am wochenende durch kreuzberg lief, zogen wir in der darauf folgenden nacht los und sendeten unsere botschaft an die kämpfenden.
wut:ausbruch? warum rasten in diesen verhältnissen nich alle aus?
unsere aktion wollen wir in diesen kampffeld einordnen, nicht als ein programm sondern ein ergänzendes mittel. ergänzend dahingehend, als dass wir haustreffen und kiezversammlungen oder demos als orte der zusammenkunft offener organisationsformen sehen, als orte des austausches. aber auch als orte die in einer gewissen passivität stehen bleiben. die passivität beginnt hierbei direkt nach dem fragen nach einer politischen oder juristischen lösung. die eigene verantwortung und gestaltungsmacht wird an expert*innen abgegeben die unser leben verwalten. überwinden wir diesen passiven zustand und eigenen wir uns unser leben an.strategische intervention¹
in dem wir das verengte bild von juristischen wie politischen handlungsmöglichkeiten öffnen, zeigen wir nicht nur mittel auf, die diese passivität überwinden, auch spitzen wir die verhältnisse zu und stellen die frage nach der eigenen position innerhalb der konflikte.
hierbei geht es jedoch nicht um „wer nicht für uns ist, ist gegen uns“, es geht nicht um die personen und wo sie stehen, sondern um die machtbeziehungen zueinander.
zuspitzung bedeutet für uns, uns von dieser beziehung regierter regelkonformität zu lösen und zu fragen wer wird wie regiert. diese machtverhältnisse zuzuspiten heißt, sie sichtbar zu machen.seien wir unregierbar
regieren, vom lateinischen regere, kommt von lenken/gerade richten. regierung kümmert sich nur sekundär um das individuum. das übernimmt die familie, die schule, die arbeit/der knast. zu regieren heißt, das schiff in dem wir alle sitzen zu steuern: den sturm erkennen bevor er da ist, ihn zu umfahren, ihn zu nutzen: erkenntnis – vorhersage -lenkung -aneignung.
das erklärt die „kritischen“ wissenschaftler*innen und ihr kiez monitoring, den sozialarbeiter*innen im problemkiez, mediationsverfahren in der nachbarschaft, die bürgerbeteiligung. in letzter instanz sichern die bullen alles ab.
zu regieren heißt zu reagieren. wir agieren unregierbar, erkennen situationen in denen wir außerhalb des planbaren handeln können. es geht also nicht darum gewaltvoll oder nicht gewaltvoll zu sein, sondern eine radikale position zu entwickeln die sich nicht vereinnahmen lässt. offensiv zu sein, die verhältnisse zu negieren, theoretisch wie praktisch.
abgesehn davon saßen „wir“ noch nie im selben boot,
darum gehts uns auch nicht ums steuer!ich war als kind schon scheiße!
machtbeziehungen durchziehen uns sowohl individuell als auch unser soziales leben. von kind auf lernen wir was normal und unnormal ist, was richtig und was falsch ist. durch strafen oder aber durch belohnung. ganz egal wie, das ziel bleibt das gleiche: ein normiertes individuum zu formen, das den aktuellen ansprüchen genügt und funktioniert.
die normen sind nicht starr, die zeit der 10 gebote ist vorbei! nach 68 hat jede*r schonmal geklaut oder gekifft. wer keine wilde jugend hatte, ist selber schuld! das ist die freiheit die es gibt. oder wie der alte zuhause immer sagte: „wer saufen kann, kann auch arbeiten!“
in den herrschenden verhältnissen zurecht zu kommen, heißt mitzuspielen und sich gewissen regeln unter zu ordnen. militant sein heißt, nicht zu funktionieren, das regelfundament in frage zu stellen, selbst zu entscheiden und die freiheit gemeinsam erkämpfen. lasst uns lernen aus dem spiel auszubrechen. seien wir spielverderber*innenwir sind ein bild der zukunft
in diesen auseinandersetzungen geht es nicht um gewalt und gegengewalt, es geht um uns, nicht um unseren „gegner“. wir entwickeln uns in diesen kämpfen. die kraft der schöpferischen zerstörung öffnet neue horizonte in uns und zwischen den kämpfenden.
wir lernen einander anders kennen, auch in angst, doch lernen wir diese gemeinsam zu überwinden. wir lernen mit dieser angst eine position zu finden mit der wir uns wohl fühlen. wir lernen, uns trotz dieser angst nicht klein_er zu fühlen. wir lernen diese angst zu überwinden. all dies mit einer hoffnung: uns irgenwann anders zu sehen als in angst.
wir spielen die situationen durch, sprechen über das rasende herz, die angst in den gedanken, wir lernen sie zu überwinden um dann unserer wut freien lauf zu lassen.solidarische grüße senden wir den verteidiger_innen des effi
wir sehn uns im kiezauf nach hamburg
wir sagen tschüss
ag-wut&ausbruch
¹intervention: unwort des jahres 2005. nach dem g8 gipfel in heiligendamm offiziell aus dem linksradikalen sprachgebrauch gestrichen.
Quelle: Linksunten