Hamburg, 9. Juni 2017
Für Völkermord gibt es keine Verjährung – kein Vergeben – kein Vergessen
Am 09.06.2017 haben wir die Gebäude Palmaille 45-49 in Hamburg Altona, in denen sich der Sitz der Deutsch Afrika Linien (DAL) der Essbergergruppe und das südafrikanische Honorarkonsulat befinden, mit Steinen und Farbflaschen attackiert.
Bereits 2003 versuchte die Herero People’s Reparation Cooperation die Bundesrepublik Deutschland und die Profiteure des Genozids an den Herero und Nama Anfang des 20. Jahrhunderts im heutigen Namibia, für den deutsches Militär und deutsche Kolonialist_innen verantwortlich waren, zu verklagen. Damals richtete sich die Klage gegen die Reederei Deutsche Afrika-Linien (DAL), die Deutsche Bank und Orenstein + Koppel (Terex). Die DAL ist der Rechtsnachfolger der Woermannlinie, die u.a. die deutschen Truppen nach Namibia verschifft hatte, um die Aufstände der Herero und Nama gegen die deutsche Kolonialherrschaft niederzuschlagen. Woermann, Orenstein+Koppel, die deutsche Bank und auch die Norddeutsche Affinerie aus Hamburg (heute Aurubis), haben an der Ausbeutung von Zwangsarbeiter_innen beim Bau der Eisenbahnlinien und dem Abbau von Kupfer und Diamanten schwer verdient. Ungefähr 80% der Herero und 60% der Nama wurden von den Deutschen ermordet.Im Januar 2017 haben Vertreter_innen der Nama und Herero vor einem US-Gericht erneut eine Klage auf Reparationszahlungen gegen Deutschland eingericht, nachdem jahrelange Versuche, in die Verhandlungen zwischen der BRD und Namibia einbezogen zu werden, gescheitert waren.
Die nächste Anhörung vor dem Gericht ist am 21.7.2017. Die Bundesregierung ließ durch den Sonderbevollmächtigten für den Dialog mit Namibia, Polenz, mitteilen, dass aus der Verwendung des Begriffs Völkermord nach eigener Auffassung keine Rechtspflicht bestehe.
Nach Jahren der Weigerung, überhaupt den deutschen Völkermord im heutigen Namibia einzugestehen, wird die Zahlung von Reparationen damit weiterhin verwiegert.Mittlerweile bereitet die namibische Regierung eine Klage beim internationalen Gerichtshof in Den Haag gegen Deutschland auf Zahlung von 28 Milliarden Euro vor. Auch in Tansania gibt es Bestrebungen, Deutschland wegen seines Genozids im damaligen Deutsch-Ostafrika zu verklagen.
Die Enteignung der Besitzer der DAL, der Familie Rantzau, würde schon einige Millionen Euro zusammen bringen. Ihre Besitzungen in Blankenese sowie auch das Baur’sche Palais an der Palmaille stellen erhebliche Werte dar. Zumal der Essberger-Rantzau-Clan sich in den letzten 80 Jahren durch diverse skrupellose Geschäftspraktiken hervorgetan hat. Zum Beispiel übernahmen Essberger als Arisierungsgewinner 1937 die Firma des jüdischen Tourismusunternehmers Walter Bamberger zu einem Spottpreis. Nach 1945 wurde der größte Teil des Handels mit dem Apartheits-Staat Südafrika im Hamburger Hafen von der DAL durchgeführt. Deren Leiterin Liselotte Rantzau-Essberger übernahm in den 1980er Jahren den Vorsitz des kolonialrevisionistischen Afrikavereins, welcher ein rigoroser Verfechter der Apartheitspolitik war. Von der DAL wurden neben Früchten in gewohnter neokolonialer Tradition vor allem Uran aus dem von Südafrika besetzten Namibia transportiert.
Höchst überfällig ist auch die Umbenennung der nach Kolonialverbrechern benannten Hamburger Straßen, wie zum Beispiel Woermannstieg, Woermannsweg, Wissmannstraße, Dominikweg, Schimmelmannstraße. Im Januar 2017 forderte die Association of the Ovaherero Genocide in the USA (OGA) den Hamburger Bjürgermeister auf, diesem Kolonialspuk ein Ende zu bereiten. Eine Reaktion blieb bisher aus.
Wir übersenden den Aktivist_innen der Berliner Aktionstagen gegen die Welt der G20 militante Grüße. Die Aktionstage haben unter anderem die G20 African-Partnership-Conferenz im Fokus, welche am 12. und 13.6. in Berlin Schöneberg stattfinden soll. In ihrem Aufruf machen die Genoss_innen deutlich, dass es bei dieser Konferenz ganz bestimmt nicht um Partnerschaft geht, sondern um Kollaboration mit dem eurpäischen Grenzregime und die Erschließung und Ausbeutung neuer Märkte. Nicht zufällig werden die von der EU mit Niger und Mali abgeschlossenen Abkommen zur Verhinderung der Migration als „Migrationspartnerschaften“ bezeichnet. Wer nicht mitspielt, soll Hilfszahlungen und Marktzugänge verlieren. Im Tonfall der EU heißt das: „Erzeugung und Nutzung der erforderlichen Hebelwirkung unter Einsatz aller einschlägigen – auch entwicklungs- und handelspolitischen Maßnahmen, Instrumente und Hilfsmittel“.
Der Afrikaschwerpunkt der deutschen G20 Präsidentschaft wird von einem Marshall-Plan mit Afrika aus dem Entwicklungshilfeministerium und der Initiative „Pro! Afrika“ vom Bundeswirtschaftsministerium begleitet. Auch hier wird von einer Partnerschaft auf Augenhöhe gesprochen, von einer gleichberechtigten Wirtschaftspartnerschaft mit den Ländern des afrikanischen Kontinents.
Wir wünschen den Berliner Genoss_innen gutes Gelingen und freuen uns schon auf ihren Besuch im Juli.
Knorke, dass ihr euch so engagiert in die Mobilisierung eingebracht habt! Das gleiche gilt natürlich auch für Bremen, Leipzig, Frankfurt, …
In Hamburg sagt man tschüss zu imperialen Traditionsträger_innen und herzlich willkommen zu allen rebellischen Gefährt_innen!
Quelle: Linksunten