Am 7. Januar 2005 wurde Oury Jalloh im Dessauer Bullenrevier – an Händen und Füßen gefesselt – in einer Zelle lebendig verbrannt. Seit nun schon 10 Jahren versuchen Angehörige, Freund_innen und Unterstützer_innen diese Tat von deutschen Gerichten als das anerkennen zu lassen was sie ist: ein rassistischer Mord. Gleichzeitg halten seitdem alle Verantwortlichen an der Lüge von Ourys Selbstmord fest.
Dass seine Mörder von Politik, Gerichten und Staatsanwaltschaften keine Konsequenzen zu befürchten haben, ist offensichtlich und wundert uns nicht. Wir fordern dies auch nicht ein, da wir die Funktion dieser Institutionen kennen.
Denn Oury Jallohs Ermordung ist nicht einfach die aus der Normalität herausgefallene Tat eines oder mehrerer Bullen, sondern liegt eingebettet in die Gewaltförmigkeit der herrschenden Verhältnisse. Sie ist Ausdruck einer gesellschaftlichen Realität, die auf Wertschöpfung basiert und für diese existiert. Deren alltägliches Funktionieren von Herrschaftsverhältnissen durchzogen und vom staatlichen Gewaltmonopol gesichert wird.
In dieser Realität ist Rassismus nicht die individualisierbare Dummheit vieler, sondern fügt sich als ebensolches Herrschaftsverhältnis in die kapitalistische Vergesellschaftung ein und dient als Rechtfertigung für den sozialen, politischen und ökonomischen Ausschluss gesellschaftlicher Gruppen.
Seine Gewalt entfaltet dieser Ausschluss nicht erst mit körperlicher Gewalt gegen Marginalisierte, sondern durchzieht den Alltag nicht-weißer Menschen in Form von Aufenthaltsgesetzen, Bullenkontrollen, politischer und medialer Hetze, rassistischen Pöbeleien auf der Straße etc.
Dieser Rassismus, der besonders Asylsuchende als Gefahr für den Standort und die deutsche Volksgemeinschaft konstruiert, liegt dem Mord in Dessau zu Grunde und ermöglichte ihn. Er zeigt sich auch noch, wenn deutsche Gerichte meinen, Ourys Leben mit 10.800€ Geldstrafe für einen seiner Mörder aufwiegen zu können.
Für gestern, den 10.01., hatten wir zu einer Demonstration in Neukölln aufgerufen um Ourys Ermordung auch zehn Jahre nach der Tat öffentlich zu skandalisieren und seine Mörder und die rassistischen Verhältnisse zu benennen. Knapp 100 Leute beteiligten sich und zogen durch den Kiez zwischen Boddinstraße und Rathaus Neukölln. Auf der Strecke verteilten wir Flyer, die den Mord thematisierten und an einige weitere von Bullen ermordete Menschen erinnerten:
Dennis aus Neukölln, der am Silvesterabend 2008 von einem Zivilbullen hingerichtet wurde.
Laye Alama in Bremen, der 2004 durch Brechmitteleinsatz zu Tode gefoltert wurde.
Ziad und Bouna in Paris, die 2005 auf der Flucht vor den Bullen starben.
Alexandros in Athen, der 2008 von einem Bullen erschossen wurde.
Mike in Ferguson, den sie 2014 ermordeten.
Nachdem sich noch vereinzelt Menschen angeschlossen hatten, erreichte die Demo schließlich das Rathaus Neukölln, in dem unter anderem der Populärrassist Buschkowsky residiert und hetzt und welches aus der Demo heraus mit Steinen und Farbflaschen angriffen wurde. Die letzten Flyer verteilten sich auf dem Rathausplatz und anschließend bekam noch das nahegelegene Amtsgericht ebenfalls Farbe und Steine ab. Bevor sich die Demo auflöste und sich alle in die Nacht verstreuten, gingen noch eine Securitas-Streife und die in ihrer Obhut stehenden Banken kaputt.
Kurze Zeit später waren die Bullen mit einem Großaufgebot vor Ort, machten Jagd auf Passanten und nahmen auch einige Menschen fest (die Presse berichtet von vier).
Kein Friede dem rassistischen Normalzustand!
Kein Friede dem Staat, seinen Dienern und seiner Gewalt!
OURY JALLOH – DAS WAR MORD!
Laut Zeitungsberichten sollen an umliegenden Polizeiwachen Kraehenfuesse und Eisenketten platziert worden sein. Wir danken denjeniegen, die sich auf diese Weise an der Demo beteiligt haben.
Quelle: Linksunten
Presse:
B.Z.: Chaoten-Mob greift Rathaus und Gericht an (5 Fotos)
Tagesspiegel: Vermummte Linksextremisten randalieren am Rathaus Neukölln
B.Z.: Vermummte randalieren in Neukölln
Berliner Morgenpost: Randalenacht in Neukölln – Rathaus und Gericht attackiert
Berliner Kurier: Ausschreitungen in Neukölln – Chaoten attackieren Polizeiwache und Rathaus (7 Fotos)
Neukoellner.net: Steine aufs Rathaus (6 Fotos)
Berliner Zeitung: 30 bis 50 Vermummte verwüsten Rathaus Neukölln
Neues Deutschland: Farbanschläge in Neukölln
TAZ: Randale am Rathaus von Berlin-Neukölln – Mit Farbbeuteln und Steinen
rbb: Verdächtige nach Angriff auf Rathaus Neukölln wieder frei
Berliner Morgenpost: Festgenommene nach Randale in Neukölln wieder frei