Die Orgeln wurden mit Bauschaum beschmiert, das Taufbecken mit Farbe bemalt: In der St.-Martini-Kirche in Bremen-Nord haben Unbekannte schweren Schaden angerichtet. Jetzt sucht die Polizei Zeugen.
Unbekannte haben die evangelische St. Martini-Kirche in Lesum am Wochenende mit Acrylfarbe und Bauschaum verwüstet. Wie die Polizei am Sonntagmittag mitteilte, entstand dabei ein Schaden von einer halben Million Euro. Die Gemeinde will diese Zahl derzeit noch nicht bestätigen.
Der Küster der Kirchengemeinde an der Hindenburgstraße 30 hatte die Zerstörungen erst am Sonntagvormittag entdeckt, als er die Kirche für den Gottesdienst vorbereiten wollte. Zwei Orgeln waren mit Bauschaum befüllt, der Boden vor dem spätbarocken Kanzelaltar und das Taufbecken mit roter Acrylfarbe beschmutzt. „Es wurden allerdings keine Parolen gefunden, keine Symbole oder Schriftzeichen, auch keine Flugblätter“, berichtete auf Anfrage der NORDDEUTSCHEN Sabine Hatscher von der Pressestelle der Bremischen Evangelischen Kirche.Gottesdienst abgesagt
Den Gottesdienst am Sonntagvormittag sagte die Gemeinde kurzfristig ab. Alle Besucher wurden nach Hause geschickt. Statt einer Gottesdienstfeier fand Polizeiarbeit in der Kirche statt. Die Beamten nahmen die Ermittlungen unter anderem wegen gemeinschaftlicher Sachbeschädigung auf und sicherten Spuren. Am späten Sonntagnachmittag war die Kirche von der Polizei wieder freigegeben. Noch am Sonntagabend sah die Kirche so aus, als hätte jemand eimerweise Farbe auf dem Boden ausgegossen. Im Taufbecken lag ein farbverschmierter Wisch-Mopp. Dicke Bauschaumwürste quollen aus der großen Orgel.
Pastorin Christine Sprenger beauftragte bereits am Sonntag eine Fachfirma mit der Reinigung. Sie hofft, dass die Spuren der Verwüstung so schnell wie möglich beseitigt werden können: Am Sonntag war die Kirche nicht nur voller Farbe und Bauschaum. „In jeder Ritze findet sich auch Löschstaub von einem Feuerlöscher. Unser Konzert am Reformationstag soll dennoch wie geplant stattfinden. Den Gottesdienst oder das Konzert ausfallen zu lassen, wäre ein falsches Signal“, sagte die Pastorin.
Trotz fehlender Orgel: Reformationstags-Gottesdienst soll stattfinden
Für Dienstag hat die Kirche nicht nur einen Festtags-Gottesdienst in der Kirche, sondern auch eine Abendveranstaltung im Gemeindehaus geplant: Für die Zeit ab 19 Uhr ist Johann Sebastian Bachs h-Moll-Messe, eine Interpretation mit der Bremer Ratsmusik, der Capella St. Martini Lesum sowie zahlreichen Solisten, im Gemeindehaus an der Hindenburgstraße 30 angekündigt. Eine Kirche ohne Orgel? Das könne funktionieren, meint Christine Sprenger: „Dann werden wir eben etwas lauter singen.“ Selbst, wenn die Fachfirma nicht rechtzeitig fertig werden sollte, sollen alle Feierlichkeiten zum Reformationsjubiläum stattfinden: Auch die Nachbargemeinde St. Magni habe ihre Unterstützung zugesagt. „Wir haben also einen Plan B.“
Vandalismus in dieser Größenordnung hat es in Christine Sprengers Zeit noch nicht in der Kirche gegeben. Wie hoch der Schaden ist, müsse in den nächsten Tagen festgestellt werden. Die Kirche war erst in diesem Jahr frisch gestrichen worden. Inwiefern die mit Bauschaum befüllte Kern-Orgel repariert werden könne, konnte die Pastorin noch nicht abschätzen. Bei der zweiten, beschädigten Orgel handelt es sich um ein Positiv, eine leicht versetzbare Orgel mit wenigen Registern. Das heutige Kirchenschiff stammt zwar aus dem Jahr 1778/79. Das mit Acrylfarbe verschmierte Taufbecken ist nach den Worten der Pastorin jedoch noch nicht so alt: Gefertigt worden sei es im vergangenen Jahrhundert von dem Worspweder Künstler Ulrich Conrad.
Polizei sucht Zeugen
9500 Gemeindeglieder zählt die Kirche, die sich auf einer Anhöhe über der Lesum im Zentrum des gleichnamigen Ortsteils befindet. „Die Gottesdienstbesucher waren über die Zerstörung bestürzt“, sagte Christine Sprenger. „Die Gemeindeglieder sind in Lesum sehr verbunden mit ihrer Kirche und haben die Zerstörung als große Verletzung erlebt.“ Der Vandalismus sei ein Schock für die Gemeinde, aber: „Wir wollen uns nicht an Spekulationen beteiligen und Mutmaßungen anstellen.“ Die Aufklärung der Tat sei Sache der Polizei.
Zurzeit suchen die Beamten Zeugen, die in der Zeit von Sonnabendnachmittag bis Sonntagmorgen verdächtige Beobachtungen gemacht haben.
Quelle: Weser Kurier