Kein Gedenken den faschistischen Mördern – Weg mit dem Wandschneider-Stein!
In der Nacht zum 29.03.2018 besuchten Antifaschist*innen das Denkmal für Gerhard Wandschneider, der von 1941-45 als Landrat im Kreis Wismar amtierte. Im Gepäck hatten sie nicht nur Farbe und Brechwerkzeug, sondern auch ein Erklärungsschreiben, das dem angrenzenden Kreismuseum und der Lokalzeitung zukam. Das Schreiben ist im folgenden dokumentiert:
In der letzten Nacht wurde der Gedenkstein für Gerhard Wandschneider auf dem Ratzeburger Domhof beschädigt. Diese als sinnloser Vandalismus anmutende Tat hat einen ernsthaften Hintergrund. Gerhard Wandschneider war von Juni 1941 bis zum Kriegsende amtierender Landrat des Kreises Wismar.1 In dieser Zeit war die Deportation der meisten Juden und Jüdinnen bereits abgeschlossen, doch die Ausbeutung, Entmenschlichung und Ermordung der Zwangsarbeiter*innen im Kreis Wismar erreichte erst ihren Höhepunkt. Wandschneider, der 1937 in die NSDAP eintrat, setzte sich hierfür besonders ein. Wie er selber in Befragungen nach dem Krieg angab, war es ihm äußerst wichtig, die brutalen, auf Rasseideologie aufgebauten ‚Polenerlasse‘ von 1940 besonders hart durchzusetzen. Dies zeigte sich beispielsweise darin, dass er 1943 demonstrativ der öffentlichen Ermordung zweier polnischer Zwangsarbeiter beiwohnte.2 Seine Anwesenheit ist für mehrere Hinrichtungen belegt. Bei diesen Hinrichtungen waren andere Zwangsarbeiter*innen oft gezwungen, sich aktiv zu beteiligen.3 Die polnischen Zwangsarbeiter*innen, im Volksmund oft als „Ostarbeiter“ verharmlost, wurden ab 1939 massenweise aus den Städten und Dörfern deportiert. Eine gängige Praxis war es, einfach den Marktplatz abzuriegeln und die Menschen in das Reich zu verschleppen.4 Während Wandschneider also sehr bemüht war, die minimalen restlichen Freiheiten der Polinnen und Polen zu beschneiden, hatten die russischen Zwangsarbeiter*innen schon gar keine mehr. Ganz unten in der deutschen Rassenideologie, waren sie zu schwersten Arbeiten eingesetzt und täglicher Misshandlung am Arbeitsplatz und in ihren KZ-ähnlichen Unterkünften ausgesetzt. Die Grabstätte auf dem Wismarer Friedhof für 43 Männer, Frauen und Kinder, die im Zuge der Zwangsarbeit in Wismar ermordet wurden, zeugt davon. Die Landräte, wie Wandschneider, hatten eine zentrale Rolle in diesem System. Sie bildeten eine Art Angelpunkt in der Umsetzung der Gesetze.5 Wandschneider führte allerdings nicht nur Befehle von oben aus, mehrmals forderte er auch härtere Strafen und Gesetze.6 Eine seiner Forderungen betrifft ein sogenanntes Ausländerkinder-Pflegeheim. Hinter diesem verharmlosenden Namen verbirgt sich eine Tötungsanstalt für Kinder von osteuropäischen Zwangsarbeiterinnen. Die nach der Rassenideologie lebensunwerten Babys wurden gezielt vernachlässigt oder durch Giftspritzen ermordet, sodass die Todesrate in diesen Einrichtungen bei 90% lag.7 Diese Forderung Wandschneiders blieb im Kreis Wismar zum Glück unerfüllt.Gerhard Wandschneider ist verantwortlich für die Grausamkeiten an rund 4000 Zwangsarbeiter*innen in über 34 Wismarer Lagern.8 Nach unserem Verständnis von menschlicher Würde ist es nicht mit dem Gewissen zu vereinbaren, eines solchen Menschen zu gedenken, oder einen Gedenkstein unwidersprochen zu lassen. Nichts könnte seine Taten entschuldigen und er selbst hat auch niemals Reue gezeigt. Die Verehrung von NS-Tätern in der BRD zeigt, dass eine „erinnerungspolitische Wende um 180°“, wie sie teilweise gefordert wird, gar nicht erst notwendig ist.
Für uns bleibt klar: Kein Vergeben, kein Vergessen! Klare Kante gegen die Verehrung von faschistischen Mördern!
Quellen:
1 Florian Ostrop, Einheimische und Fremde. Zwangsarbeit in der mecklenburgischen Seestadt Wismar 1939-1945 (Rostock 2006) 227.
2 Ebd.
3 Ebd. 330.
4 Ebd. 245.
5 Ebd. 86.
6 Ebd. 334.
7 Raimond Reiter, Tötungsstätten für ausländische Kinder im Zweiten Weltkrieg (Hannover 1993) 78.
8 Ostrop 2006, 363.
Quelle: Indymedia