Berlin, 21. Februar 2019
Gestern Nacht haben wir die Fassade der Friedel 54 verschönert. Mit Bitumen und Farbe machten wir deutlich: wer hier mietet, mietet Ärger.
Im Juni 2017 wurde im Erdgeschoss der Friedelstraße 54 der Kiezladen Friedel54 geräumt. Danach stand der Laden über ein Jahr lang leer. Seit kurzem hat der Eigentümer, die Briefkastenfirma Pinehill S.a.r.l., die Räume sanieren lassen. Der ehemalige Kiezladen wurde geteilt: im hinteren Bereich befinden sich zwei Einzimmer-Wohnungen, im vorderen ein Büro-Gewerbe. Vor wenigen Wochen hat Aden-Immo die Räume zur Miete für 16-19€/m² angeboten.
Einige Monate vor der Räumung haben solidarische Künstler*innen die Fassade im Erdgeschoss verschönert. Anstatt langweiliger Pastell-Tristesse zierte ein liebevoll gestaltetes Wandbild die Fassade der Friedelstraße 54. Offensichtlich war es so schön, dass sich Eigentümerin und Hausverwaltung entschieden haben, es – trotz Sanierung der gesamten Frontfassade – so zu belassen. Kein Wunder, denn unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten ist es sicherlich ein lohnender Pluspunkt im angesagten Nord-Neukölln und insbesondere im Reuterkiez. Das sie es nicht nur einfach stehen lassen wollten, war spätestens nach den Umbauarbeiten im vorderen Teil des Kiezladens klar. Die Fassade, sowie die sichtbaren Rollos vor Schaufenster und Eingangstür wurden farblich passend gestaltet und auf das Wandbild angepasst.Wir fanden den Anblick unerträglich. Die Fassade war Ausdruck des lebendigen Lebens und Zusammenkommens, welches täglich im Kiezladen stattgefunden hat. Den Laden zu räumen, dem Haus quasi das Herz heraus zu reissen, aber dann versuchen aus der leeren, wenn auch hübschen Schale noch Vorteile zu erzielen, während gleichzeitig dieser wichtige, unkommerzielle, sozio-kulturelle Ort in winzige, vollkommen überteuerte Einheiten zerhackt und für ein paar hundertstel Prozent mehr Profit auf den Markt geworfen wurde, konnten wir nicht mehr länger akzeptieren.
Deshalb haben wir in der Nacht auf den 20.03. das Wandbild mit Bitumen zerstört. Dazu haben wir einige klare Botschaften u.A. am Rollo des ehemaligen Kiezladens hinterlassen. Scheinbar ist es den Verantwortlichen sehr wichtig den Schein zu wahren und wenigstens oberflächlich schick und ansprechend zu sein, weshalb sie die Botschaften bereits am Tag darauf entfernen ließen.
Wir nehmen es nicht widerspruchslos hin, dass ein wichtiger sozialer Raum für den Kiez und darüber hinaus so brutal geräumt und rein nach Profitlogik, überteuert an die meistbietende Partei herausgegeben wird. Mit dem Kiezladen Friedel54 ist einer der letzten, unkommerziellen und widerständigen Orte im Kiez verschwunden. Nord-Neukölln und insbesondere der Reuterkiez braucht nicht weniger, sondern mehr Orte des Zusammenkommens, ohne Konsumzwang und Diskriminierungen und mit einem solidarischen und widerständigen Miteinander. Deshalb schließen wir uns der Forderung der Friedel54 an: Kiezladen oder nüscht! (EG der) Friedel54 bleibt unvermietbar! Wer mieten will, mietet Ärger!
Wir stehen in unserer Wut nicht alleine da, so gab es bereits vor einigen Wochen intensive Reaktionen aufgeweckter und wütender Poltergeister. Der Umbau des Ladens konnte dadurch immerhin verzögert werden. Und wir sind uns sicher, wir werden nicht die Letzten gewesen sein, die direkt unser Missfallen kundtun.
Der Kampf um unsere Häuser, Straßen und Plätze geht weiter. Die Pinehill und andere Spekulant*innen treiben den Ausverkauf der Stadt weiter voran, um mehr Profite für wenige zu erwirtschaften. Wir machen ihnen einen Strich durch die Rechnung. Ob leidenschaftlich am Tag, oder wütend in der Nacht.
Lasst uns den Druck auf die Pinehill und ihre Büttel, die Hausverwaltung Secura, weiter aufrecht halten.
Keine Profite mit der Friedel54.
Wir brauchen unkommerzielle Orte und eine Kiezkultur von unten.
Für uns ist klar: Kiezladen oder nüscht.
Quelle: Indymedia (Tor)