Berlin, 8. Juni 2015
(B) Smash KIK!
Am 8.6.2015 haben wir in Berlin-Friedrichsfelde eine Filiale der Textilkette KIK entglast.
KIK steht exemplarisch für viele Textildiscounter, mögen sie H&M, C&A, Primark, Walmart oder auch Lidl, Adidas oder Nike heißen [aber auch für Hochpreisiges wie Berghaus, Columbia, Haglöfs, Patagonia, North Face und Konsorten, siehe Anmerkung der Abtipper_in]. Sie alle lassen ihre Textilien in Billiglohnländern fertigen, z.B. in Pakistan und Bangladesh. Immer wieder kommt es in diesen Zulieferbetrieben zu Bränden bis hin zum Einsturz einer Textilfabrik („Rana Plaza“ in Dhaka/Bangladesh, über 1100 tote Arbeiter_innen). Grund dafür sind die Arbeits- und Produktionsbedingungen der meist weiblichen Näher_innen. Um im globalen Wettkampf um die billigsten Produktionsstätten für Auftraggeber wie KIK zu bleiben, wird z.B. am Brandschutz gespart. Brandschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz sind hier nur Prasen, Notausgänge gibt es viel zu wenige und diese sind oft zugestellt, Näher_innen werden oft eingeschlossen.
Mindestlöhne (die meist nicht einmal gezahlt werden) reichen kaum zum Leben, 10 bis 12 Stunden 6 Tage die Woche sind hier der Regelfall, 16 bis 18 Stunden 7 Tage die Woche, wenn die Kollektionen gewechselt werden. Neben diesen Hungerlöhnen bilden sexuelle Belästigung, sexualisierte Gewalt und Einschüchterung Arbeitsalltag der Näher_innen. Ca. 85% der Textilarbeiter_innen sind Frauen. Diese Ausbeutungszustände sind gewollt, um bei uns möglichst billig Textilien verkaufen zu können. Ohne die Ausbeutung der Näher_innen in asiatischen Billiglohnländern könnten die Menschen hier nicht so häufig „shoppen“ gehen und auch die Gewinne der Textilindustrie wären weitaus geringer.Wie gewohnt entzieht sich die Textilindustrie ihrer Verantwortung. Lokale Arbeitskämpfe in Asien werden blutig unterdrückt, und Entschädigungen werden – wenn überhaupt – in völlig unzureichender Höhe „freiwillig“ bezahlt. Justiz und Repression helfen, diese Verhältnisse zu garantieren. Juristisch ist die Textilindustrie schwer zu belangen. Dennoch haben Angehörige und Überlebende des Brandes bei „Ali Enterprises“ in Pakistan eine Klage gegen KIK in Deutschland angestrengt. Sie ist die erste dieser Art und könnte ein Präzedenzfall werden. Die Klage wurde nötig, da Verhandlungen mit KIK über Entschädigungszahlungen scheiterten. Bei dem Brand in Karatschi kamen im Jahre 2012 mehr als 260 Menschen um, die Textilien wurden hauptsächlich für KIK produziert.
Wir solidarisieren uns mit den Überlebenden und den Angehörigen, mit allen Näher_innen in ihrem Kampf um höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen.
Die feministische Stadtguerillagruppe Rote Zora unterstützte 1987 den Kampf südkoreanischer Textilarbeiterinnen durch Anschläge. Sie trug damit dazu bei, dass die deutsche Firma „Adler“ zuvor entlassene Arbeiterinnen wieder einstellte und gezwungen war, einen Teil ihrer Forderungen zu erfüllen. Internationale Solidarität kann also nicht nur praktisch werden, sondern auch erfolgreich sein! Unsere Kämpfe müssen so global sein wie das Kapital. Aufklärung, konkrete Sabotage und Imagebeschädigungen können helfen, Verbesserungen zu erkämpfen.
Schon 2014 schlugen die „autonomen Gruppen für Solidarität“ mittels Glasbruch bei KIK vor, eine militante Kampagne gegen die Textilindustrie mit Blick auf die Eröffnung der EZB in Frankfurt/Main zu starten. Es liefen daraufhin viele Aktionen gegen KIK und Co., und auch wir möchten uns einreihen in die Liste solidarischer Nadelstiche. Auch im Hinblick auf den G7-Gipfel in Elmau, wo es großspurig heißt: „Ich möchte, dass wir uns als G7 das Ziel setzen, die Zahl von Arbeitsunfällen in Unternehmen entlang der sogenannten Lieferkette deutlich zu reduzieren und Maßnahmen zur Vorbeugung und zum besseren Arbeitsschutz zu ergreifen“ (Merkel), sagen wir deutlich, dass wir von den G7 nichts erwarten. Den G7 geht es um die Sicherung der kapitalistisch-patriarchalen Ausbeutungsverhältnisse.
Lassen wir KIK und Co. keine Ruhe!
Smash KIK, smash G7![Anmerkung der Abtipper_in: Die hier formulierte Kritik gilt genau so für hochpreisige Ware, z.B. aus dem Treckingladen. Einziger Unterschied: Den teuren Marken gelingt es weitgehend, mit „Responsibility“-Kampagnen über ihre Billigproduktion hinwegzutäuschen und mit derartigen Feelgood-Produkten Extraprofite zu machen, vgl. http://www.spiegel.de/reise/aktuell/stiftung-warentest-funktionsjacken-enttaeuschen-im-test-a-847822.html]
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