Auf der Baustelle des alten Viehhofs ist am Donnerstagmorgen um 3.30 Uhr der Bagger eines Abbruchunternehmens in Flammen aufgegangen. Die Polizei beziffert den Schaden auf mehr als 100 000 Euro. Die Baumaschine war noch kein Jahr alt – eine Brandstiftung ist also deutlich wahrscheinlicher als ein technischer Defekt. Am Donnerstag untersuchten nicht nur Brandfahnder, sondern auch die Staatsschützer vom Kommissariat 43 den Tatort. Die Polizei vermutet die Täter also im linksextremen Spektrum.
Schon 2017 prangten an der Graffiti-Wand auf der Westseite des Areals die Slogans „Sie sagen Kunst und meinen Kohle“ und „Bahnwärter angreifen“. Gemeint waren die Zwischennutzung des Areals durch den Club „Bahnwärter Thiel“ sowie die Pläne der Stadt für das Areal: der Neubau des Volkstheaters und der Bau von 420 Wohnungen. Nicht auszuschließen also, dass hinter dem Anschlag militante Gegner einer befürchteten Gentrifizierung des Schlachthofviertels stecken.
Die Tat würde sich dann einreihen in eine Serie ähnlicher Anschläge aus dem vergangenen Jahr, deren Ziele Bauunternehmen oder Immobilienfirmen waren. Im Juni und im November flogen Steine gegen das Büro eines Immobilienentwicklers an der Baldestraße, Parolen waren zu lesen, die verkündeten: „Kein Bock auf Mieterhöhungen“. Im September zündeten Unbekannte nachts zwei Bagger auf einer Baustelle an der nahen Erhardtstraße an. Auch diese Baustelle ist ein Projekt der Immobilienfirma. Den Sachschaden bezifferte die Polizei damals auf 200 000 Euro.Der oder die Täter wurden nicht gefasst. Deshalb halten die Ermittler sich auch bis heute bedeckt. Ginge es nur um eine einzelne Firma, wären theoretisch auch andere als politische Motive denkbar. Doch seit Oktober gingen in der Maxvorstadt, in Schwabing, Giesing, Haidhausen und der Au mehrere Autos mit den Aufdrucken verschiedener Immobilienfirmen in Flammen auf – zuletzt in der Nacht zum Sonntag an der Preysingstraße. An der Baldestraße, gerade mal 500 Meter vom Viehhof entfernt, brannte im November auch ein Papiercontainer. Ein Augenzeuge hatte damals beobachtet, wie ihn maskierte Personen auf die Straße zogen und anzündeten. Seit November werden in der Stadt immer wieder Container und Abfalltonnen angezündet.
Eine zweite Spur führt zum Hamburger G-20-Gipfel. An der Baldestraße registrierte die Polizei schon im November Parolen, die sich „inhaltlich gegen Justizvollzugsanstalten“ richteten. Am Wochenende riefen linksautonome Unterstützer inhaftierter G-20-Gegner „Aktionstage“ für diese Woche aus, „an möglichst vielen Orten“. In dem im Internet verbreiteten Aufruf unter dem Motto „Feuer und Flamme der Repression“ heißt es: „Lasst uns mit vielfältigen Aktionen Zeichen setzen, die zeigen, dass wir dieses System in Frage stellen.“ Dabei seien „der Phantasie und Möglichkeiten keine Grenzen gesetzt – von Kuchen backen (…) bis hin zu dem Sich-Nehmen der Straße und direkten Aktionen – Alles kann, nix muss!“
Quelle: SZ