Am Sonntagmorgen haben auf dem Gelände des Tabakquartiers in Woltmershausen mehrere Fahrzeuge des Immobilienkonzerns Vonovia gebrannt. Bei dem Feuer wurden neun Autos beschädigt oder komplett zerstört. Die Täter hatten sich gegen drei Uhr morgens durch einen Maschendrahtzaun Zutritt zum Gelände verschafft. Sie schnitten den Draht auf, danach steckten sie die Autoreifen in Brand. Nach Angaben der Polizei beläuft sich der Schaden auf etwa 250.000 Euro.
Die Behörden nahmen einen Mann fest und ließen ihn kurz darauf wieder frei. Der 29-Jährige sei weiter tatverdächtig, sagte Oberstaatsanwalt Frank Passade auf Anfrage des WESER-KURIER. Für einen dringenden Tatverdacht reichten die Hinweise allerdings nicht aus. Dass den Mann politische Motive geleitet hätten, bestätigten die Behörden bisher nicht. „Natürlich muss man einen politischen Hintergrund im Auge haben“, sagte Passade, „wir prüfen das.“ Bislang sei das aber „nur eine Ermittlungshypothese“.
Konzern in der KritikAuf den Brandanschlag am Sonntag folgte ein weiterer Angriff auf Vonovia. In der Nacht zu Mittwoch schlugen unbekannte Täter drei Fenster der Bremer Firmenzentrale des Bochumer Wohnungskonzerns ein. Am Tatort fanden die Beamten mehrere Pflastersteine. Noch am selben Tag tauchte im Internet ein Text auf, in dem sich „autonome Gruppen“ zu dieser Attacke bekennen. Sie beziehen sich direkt auf den Anschlag in Woltmershausen und schreiben: „Vom Freudenfeuer auf dem Parkplatz von Vonovia inspiriert (…), zerlegten wir die Fensterfassade unter Verwendung von Kleinpflastersteinen.“
Im Schreiben, abgesendet von der Mail-Adresse „autonome@gruppen.org“, werden „militante Angriffe“ auf Wohnungskonzerne als „eines von vielen Mitteln“ gerechtfertigt. Sie seien „legitim und notwendig“. Es heißt: „Ein direkter wirtschaftlicher Schaden zerrt die Akteure in die Öffentlichkeit und schmälert die Bilanzen.“ Die Forderung am Schluss des Schreibens lautet: „Vonovia vergesellschaften!“
Vonovia ist der größte Immobilienkonzern in Deutschland. In den ersten neun Monaten des laufenden Jahres summierte sich der operative Gewinn auf 932,8 Millionen Euro. Das Unternehmen, das allein in Bremen etwa 11.300 Wohnungen besitzt, steht seit einer Weile massiv in der Kritik. Es geht um Mieterhöhungen, die als ungerechtfertigt hoch wahrgenommen werden. Der Vorwurf: Der Konzern treibe die Mieten unter dem Vorwand von Modernisierungsmaßnahmen wie den sogenannten energetischen Sanierungen in attraktiven Stadtlagen künstlich in die Höhe. Immer wieder klagten zuletzt Bremer Mieter gegen das Vorgehen von Vonovia und bekamen recht. Immer wieder legte der Konzern dagegen Berufung ein. Und immer wieder scheiterte er.
Am Donnerstag zeichnete sich vor dem Landgericht Bremen die nächste Niederlage für Vonovia ab. Die Richter kündigten an, die Berufung des Konzerns gleich in acht Fällen abzuweisen. Den Klägern stehe eine Erstattung der zu viel gezahlten Mieten zu. Der Grund: Vonovia hat die Mieterhöhungen nicht verständlich genug erklärt. Das Unternehmen schlüsselte seinen Mietern nicht genau auf, warum ihre Miete teurer geworden ist. Vonovia nannte bloß den neuen Betrag. Wie viele Kosten etwa für Maurer oder Maler angefallen und später auf die Miete umgelegt worden sind, erfuhren die Kunden nicht. Die Richter sagten, dass so niemand nachprüfen könne, ob hinter der Mieterhöhung nicht auch Kosten steckten, für die Mieter gar nicht aufkommen müssen.
Vonovias Mieterhöhungen rufen nicht zum ersten Mal Gewalttäter auf den Plan. Schon im Sommer dieses Jahres hätten Fahrzeuge des Konzerns in Bremen gebrannt, sagte eine Vonovia-Sprecherin. Im Fokus der selbst ernannten „autonomen Gruppen“ steht dabei aber längst nicht nur Vonovia. Anfang Oktober wurden beim Eigentümerverband Haus & Grund in Bremen sämtliche Scheiben eingeschlagen. Bis zu sechs Personen sollen die Fenster mit Hämmern und Steinen, Feuerlöschern und Farbflaschen demoliert haben. Den Schaden beziffert der Verband auf etwa 70.000 Euro.
Bereits im August waren vier Immobilienbüros in Findorff und Walle verwüstet worden. Auch hier: Schmierereien, Scherben. Und auch hier wurden bislang keine Täter gefasst.
Quelle: Weser Kurier